Die Psycho-News-Letters(PNL) von Autor und IPU-Seniorprofessor Michael B. Buchholz genießen in der psychoanalytischen Community seit vielen Jahren einen hervorragenden Ruf. Alle Ausgaben sind ab sofort auf dem IPU-Repositorium OEDIPUB frei zugänglich aufrufbar. Michael B. Buchholz schreibt dazu: „Diese Psycho-News-Letters habe ich zehn Jahre lang geschrieben, Monat für Monat je einer, um lesende psychotherapeutische Kolleginnen und Kollegen über den Stand der Psychotherapieforschung zu informieren. Die Psychotherapie hat nicht nur Bezug auf die psychotherapeutische Forschung, sondern auch auf Tagesereignisse und sonstige sogenannte schöne Literatur und Musik – und diese Verbindungen sind das, was ihre Lektüre aus meiner Sicht zu einem Vergnügen besonderer Art macht. Fangen Sie einfach irgendwo an! (Und nehmen Sie sich Zeit, denn Sie werden nicht mehr aufhören wollen).“
Sechzig Jahre nach dem Erscheinen von Warum Krieg? (1932/1933), der berühmten Briefkorrespondenz zwischen Sigmund Freud und Albert Einstein über Krieg und Kriegsverhütung, veröffentlichte der Wiener Psychoanalytiker Harald Leopold-Löwenthal einen Aufsatz zur psychoanalytischen Theorie des Krieges. Darin zeichnet er den Weg Freuds nach von seiner Kriegsbegeisterung 1914 („Meine ganze Libido gehört Österreich-Ungarn.“) hin zu seinen pazifistisch motivierten Überlegungen über die menschlichen Destruktionstriebe und ihre gruppenpsychologischen Dynamiken. Leopold-Löwenthal umreißt die Freudsche Triebtheorie des Krieges und weist gleichzeitig darauf hin, dass die Psychoanalyse das Phänomen des Krieges zwar erhellen kann, aber als abgeschlossene Allgemeinerklärung genommen simplizistisch und reduktionistisch wird, weil der Krieg „nicht als ein monokausales Geschehen aufgefaßt werden kann“. Den Text können wir Dank freundlicher Genehmigung von IPU-Förderin Dr. Ida die Pietro Leupold-Löwenthal zur Verfügung stellen. Er erschien 1994 im Sammelband Aggression und Krieg bei Turia & Kant, herausgegeben von Inge Scholz-Strasser.
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This book is the first comprehensive treatment in recent decades of silence and silencing in psychoanalysis from clinical and research perspectives, as well as in philosophy, theology, linguistics, and musicology.
The book approaches silence and silencing on three levels. First, it provides context for psychoanalytic approaches to silence through chapters about silence in phenomenology, theology, linguistics, musicology, and contemporary Western society. Its central part is devoted to the position of silence in psychoanalysis: its types and possible meanings (a form of resistance, in countertransference, the foundation for listening and further growth), based on both the work of the pioneers of psychoanalysis and on clinical case presentations. Finally, the book includes reports of conversation analytic research of silence in psychotherapeutic sessions and everyday communication. Not only are original techniques reported here for the first time, but research and clinical approaches fit together in significant ways.
This book will be of interest to all psychologists, psychoanalysts, and social scientists, as well as applied researchers, program designers and evaluators, educators, leaders, and students. It will also provide valuable insight to anyone interested in the social practices of silence and silencing, and the roles these play in everyday social interactions.
Resonanzprozesse entstehen sowohl im Konzertsaal, zwischen Musiker*innen und Publikum, als auch in der psychotherapeutischen Beziehung. Doch wie lassen sich diese Schwingungen, gleichzeitig allgegenwärtig und schwer zu fassen, einfangen?
Die Beiträger*innen widmen sich dieser faszinierenden Schnittstelle zwischen Musik und Psychoanalyse aus interdisziplinärer Perspektive. So werden Resonanzprozesse u.a. aus kulturtheoretischer und klinisch-praktischer, aus psychoanalytischer und musikwissenschaftlicher Sicht zugänglich. Die Autor*innen gehen dabei Stimmungen und Erfahrungen, die in therapeutischen und musikalischen Resonanzprozessen mitschwingen, auf den Grund und forschen nach Zusammenhängen zwischen Biografie und künstlerischem Schaffen.
Die Covid-19-Pandemie hat das gesellschaftliche Leben in rasanter Geschwindigkeit verändert und eine neue Normalität geschaffen, die auf unvorhergesehene Art und Weise den praktischen Lebensvollzug betrifft: Die Angst vor einer Infektion ist allgegenwärtig und Kontakte müssen drastisch eingeschränkt werden.
Dieser Einschnitt geschah nicht durch ein plötzliches Ereignis und folgt auch nicht einfach der bekannten Krisenstruktur des Kapitalismus. In dieser Ausgabe der Freien Assoziation widmen sich die Autor:innen der gegenwärtigen Krise, indem sie ein begrenztes soziales Artefakt in seiner ganzen Vielschichtigkeit und aus ihrer jeweiligen Perspektive in den Blick nehmen: die Fernsehansprache der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 18. März 2020.
Im Anschluss an diese Interpretationen kommentieren die Autor:innen die Beiträge der jeweils anderen Autor:innen Mit Beiträgen von Markus Brunner, Nicole Burgermeister, Alexandra Colligs, Bernadette Grubner, Maximilian Hauer, Jeja Klein, Juli
Psychosozial-Verlag
Der vom Staat forcierte und subventionierte Ausbau von Kindertagestätten für unter Dreijährige vermittelt ein Frauen- und Mutterbild, das Selbsterfüllung vorrangig im Kontext beruflicher Tätigkeit sieht. Dies wird jedoch den vielfältigen Lebensentwürfen von Frauen nicht gerecht. Deshalb beschäftigt sich diese Arbeit mit dem vermeintlich breiten gesellschaftlichen Konsens über das Idealbild der berufstätigen Mutter und dem frühen Kita-Eintritt der Kleinsten. Dabei stellt sich auch die Frage, inwiefern frühe, grundlegende Bedürfnisse von Kindern nach einer ausreichend langen und einfühlsamen Beziehung zu ihrer primären Bezugsperson angemessen berücksichtigt werden.
Nur eine Gesellschaft, welche der emotionalen Begleitung der kindlichen Entwicklungsprozesse sowie der so herausfordernden Aufgabe der Kindererziehung einen ebenso hohen Stellenwert zuschreibt wie der monetär vergüteten Erwerbsarbeit, kann eine sein, die die vielschichtige weibliche Innenwelt mit ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen, aber auch mit ihren Ambivalenzen angemessen respektiert.
Weder soll hier Mutterschaft per se schöngeredet, noch weibliche Erwerbsarbeit an sich abgewertet werden. Vielmehr versteht sich diese Arbeit als Ermutigung dafür, beide Sphären gleichermaßen als Quelle von Selbstverwirklichung zu betrachten. Letztendlich ist es an uns als Gesellschaft, unser Verständnis von Mütterlichkeit so zu definieren, dass der sensiblen Zeit der ersten Lebensjahre des Kindes und dem damit verbundenen mütterlichen Wunsch nach Bindung und Fürsorge hinreichend Rechnung getragen wird.
In: Psychoanalysis and History. Vol. 22, Issue 1, April 2020, S. 79–101
The Swiss psychoanalyst Fritz Morgenthaler (1919–84) is well known in German-speaking psychoanalysis as an early exponent of Heinz Kohut's self psychology, as an ethnopsychoanalytic researcher and as an original thinker on the topics of dreams, psychoanalytic technique and especially on sexuality (perversions, heterosexuality, homosexuality). In 1980, he presented the first psychoanalytic conception of homosexuality in the German-speaking world that did not view homosexuality in terms of deviance or pathology. His theory of ‘junction points’ (Weichenstellungen) postulates three decisive moments in the development of homosexuality: a prioritized cathexis of autoeroticism in narcissistic development, a Janus-facedness of homosexual desire as an outcome of the Oedipal complex and the coming out in puberty. According to Morgenthaler, this development can result in non-neurotic or neurotic homosexuality. Less known than the theory of junction points and to some degree even concealed by himself (his earlier texts appeared later on in corrected versions) are Morgenthaler's pre-1980 accounts of homosexuality which deserve to be called homophobic. Starting with a discussion of this early work, the article outlines Morgenthaler's theoretical development with special focus on his theory of junction points and how this theory was taken up in psychoanalytic theory.
Die AutorInnen entfalten interdisziplinäre Perspektiven einer universitären Psychoanalyse. Sie zeigen so das besondere Analyse-, Verstehens- und Erkenntnispotenzial einer nicht-klinisch ausgerichteten Psychoanalyse und weisen auf Anschlussmöglichkeiten zu zahlreichen sozial- und kulturwissenschaftlichen Debatten hin.
In: Persönlichkeitsstörung. September 2019, 23. Jahrgang, Heft 3, pp 155-163
Die vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung ist eine der häufigsten Persönlichkeitsstörungen. Sie ist charakterisiert durch ein Muster sozialer Hemmung, Gefühlen der Unzulänglichkeit und Überempfindlichkeit gegenüber negativer Bewertung. Damit besteht eine hohe symptomatische Ähnlichkeit der vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung zur sozialen Phobie. Häufig treten beide Störungen komorbid auf. Bezüglich ihrer Abgrenzung herrscht Uneinigkeit. Klinisch betrachtet unterscheiden sich die beiden Patientengruppen am deutlichsten durch das Ausmaß der erlebten Ängste vor Beschämung und Zurückweisung durch andere, die bei der vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung beinahe alle Lebensbereiche umfassen. Aus psychodynamischer Perspektive scheinen ein gestörtes Selbstkonzept und der damit verbundene Schamaffekt für die Ätiologie der beiden Störungsbilder zentrale Aspekte zu sein. Überschneidungen zeigen sich auch in der Betrachtung der unbewussten interpersonellen Dynamik. Im Vergleich zur sozialen Phobie wird bei Patienten mit vermeidend-selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung eine herabgesetztere Verfügbarkeit psychischer Funktionen zur Regulierung des Selbst und der Beziehungen zu Objekten angenommen.
In: Forum der Psychoanalyse [Online First]. (Sobald der Artikel einem bestimmten Heft der Zeitschrift zugewiesen ist, steht er Angehörigen der IPU über das Onlineabonnement und als Druckschrift zur Verfügung). DOI 10.1007/s00451-019-00351-y
Die Übertragungsliebe gilt nach wie vor als heikles und schwieriges Thema, wenn nicht gar als Tabu. Doch ist sie zugleich der zentrale Motor jedes analytischen Prozesses. In „konventionellem Entsetzen“ ist Josef Breuer kurz vor der Entdeckung der Psychoanalyse vor ihr geflohen; sie stiftet Verwirrung, scheint die Analyse auszuhebeln und treibt sie doch immer wieder aufs Neue an. Ihr therapeutisch auszuweichen, wäre ebenso problematisch wie ihr nachzugeben. Wie also mit den Liebesgefühlen, dem Wunsch nach Nähe und vielleicht auch Sexualität umgehen? Diese Herausforderungen stellen sich für Patient_innen und Therapeut_innen gleichermaßen.
Patrick Henze, Aaron Lahl und Victoria Preis machen ernst mit der Aufarbeitung der Geschichte der Antihomosexualität in der Psychoanalyse. Sie verdeutlichen, dass auch die Psychoanalyse von der Schwulenbewegung und ihren Theoretikerinnen und Theoretikern profitieren kann. Die Autorinnen und Autoren des Bandes plädieren dafür, die derzeit marginalisierte Triebtheorie wieder in den psychoanalytischen Diskurs zu holen und sie für ein Verstehen sexueller Erscheinungen in all ihren Facetten produktiv zu machen. Dabei stellen sie auch heikle Themen wie Promiskuität, Analverkehr, Pädosexualität und HIV in ein neues Licht.
Reflexive Interventionen und Weiterentwicklungen des betrieblichen Gesundheitsmanagements
Die Fragen nach Bedingungen psychischer Gesundheit gewinnen in der öffentlichen Debatte zunehmend an Bedeutung. Dies findet z.B. einen Niederschlag in einer wachsenden Akzeptanz betrieblichen Gesundheitspräventionsprogrammen u. Gesundheitsmanagement u.v.a.m. . Der vorliegende Band arbeitet den Nutzen der Beratungsform Supervision für das Feld betrieblicher Prävention und Gesundheitsförderung heraus. Die versammelten Beiträge zeigen, wie Supervision im Kontext betrieblicher Prävention und Gesundheitsförderung systemische, (organisations-)psychologische, soziologische, psycho- und gruppendynamische Ansätze mit klinischen Erkenntnissen zur Beratung bei psychischen Beeinträchtigungen kombiniert.
Mit Beiträgen von: Gerisch, Saalfeld-Nebgen, Krainz, Nolten, West-Leuer, Jahn
Der psychodynamische Ansatz gewinnt auch in der Beratung von Führungskräften zunehmend an Bedeutung. Zu diesem Thema treten ein Unternehmer, der sich der Psychoanalyse geöffnet hat, und ein Psychoanalytiker, der auch im berufsbezogenen Beratungssetting mit Führungskräften, Unternehmern und Beratern arbeitet, in den Dialog. Das Buch beginnt nach einer begrifflichen Einordnung mit der Geschichte der psychodynamischen Arbeit in Unternehmen bis zum aktuellen Stand heute und gibt einen Überblick über den Markt. Anschließend werden wichtige psychoanalytische Grundbegriffe für die Arbeit mit dem Unbewussten in ihrer Bedeutung für Coaching und Supervision erläutert. Es folgt ein Überblick über die aktuelle Coaching- und Supervisionsforschung. Das Buch schließt mit Fallbeispielen, die im aufgespannten Feld von psychodynamischen Beratungstechniken und psychoanalytischer Gesamtbetrachtung beleuchtet werden.
In den Debatten um Burnout und Depression flammte in jüngerer Zeit wieder ein altbekanntes sozialkritisches Motiv auf: das Unbehagen in der Kultur. Die moderne Gesellschaft wird verdächtigt, systematisch bestimmte psychische Leiderfahrungen hervorzubringen. Was zeichnet aber diese Leiderfahrungen aus? Und wo liegen die Ursachen? Frank Schumann spürt in dieser Studie den Antworten nach, die in der Frankfurter Schule von Erich Fromm bis Axel Honneth mithilfe der Psychoanalyse gegeben wurden. Zugleich plädiert er dafür, die Erforschung von sozialen Ursachen psychischer Leiderfahrungen aus eingeschliffenen Argumentationsbahnen zu befreien und neu zu justieren.
Frei nach Roland Barthes ist berufsbezogene Kleidung die von allen gesprochene und zugleich allen unbekannte Sprache. Das Buch erschließt einen Zugang zum Unbekannten und folgt dabei der Idee: Berufe machen Kleider. »Deutlich wird dies an einem vermeintlich individuell motivierten Detail berufsspezifischen Anziehens, der Halskette der Beraterin. Im symbolischen Sinne einer Amtskette gleich, ist sie für die Trägerin das, was dem kirchlichen Würdenträger der Bischofsstab. Sie zeigt an, wem es zusteht, den Prozess zu steuern, wem legitime Einflussnahme erlaubt ist. Mit Blick auf die Spannung zwischen persönlichen Bedürfnissen, professionellen Anforderungen und organisationalen Interessen steht die Kette der Beraterin für die Verbindung gegensätzlicher Pole. [...] Alles hat seinen Sinn, so auch (berufsspezifische) Kleidung als Ausdruck sozialer Praxis. [...] Machen wir uns auf den Weg der streitbaren Sinnerschließung.«
Paragrana: Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie
Band 27 (2018) Heft 1
Mit Beiträgen von:
Christoph Wulf, Ingrid Kellermann, Gabriele Brandstetter, Michael Buchholz, Andreas Hamburger, Veronika Heller, Marie-Luise Alder, Jasmin Bleimling, Michael Dittmann, Biljana Stankovic und Florian Dreyer
Das große Interesse am Phänomen Prokrastination und die bislang ausstehende Erforschung aus einer psychoanalytischen Perspektive sowie die fehlende sozialwissenschaftliche Perspektivierung waren Anlass für eine Tagung an der International Psychoanalytic University Berlin (»Prokrastination. Psychoanalyse und gesellschaftlicher Kontext«), deren Ziel es war, die Engführung der psychologisch-psychopathologisierenden Forschung aufzuheben, um die Prokrastination interdisziplinär in den Blick nehmen zu können. Ausgewählte Tagungsbeiträge wurden für den Themenschwerpunkt dieser Ausgabe zusammengestellt.
Symptome der Kulturindustrie: Dynamiken des Spiels und des Unheimlichen in Filmtheorien und ästhetischem Material
Diese Studie geht der Frage nach dem Unbewussten in der Kulturindustrie auf besondere Weise nach: Gerahmt von den Kategorien des Spiels und des Unheimlichen werden filmtheoretische Denkfiguren und verschiedenste ästhetische Inszenierungen (von Die fabelhafte Welt der Amélie über Werke von Santiago Sierra und der Künstlergruppe »Die Tödliche Doris«) auf Symptome hin befragt, deren Deutungen Aufschluss geben über den konstitutiv konflikthaften Charakter der Kulturindustrie. Ausgehend vom Unbewussten wissenschaftlichen Denkens werden so Spiel und Unheimliches kulturtheoretisch ausgeleuchtet und Verbindungen zwischen psychoanalytischer und Adornos Kritischer Theorie sowie aktuellen kulturwissenschaftlichen Positionen erschlossen.
Kleine Theorie der Pause. Was in therapeutischen Gesprächen auch eine Rolle spielt
Was in therapeutischen Gesprächen auch eine Rolle spielt
In: Psyche, Februar 2018, 72. Jg., Heft 2, pp 91-121
Link zum Text: https://www.psyche.de/article/ps_2018_02_0091-0121_0091_01
Allein schon die Schwangerschaft einer Patientin verändert die therapeutische Beziehung. Aber wenn das Kind zur Welt gekommen ist, stellen sich schwierige Fragen: Soll die Patientin es in die Stunden mitbringen und wird sie es stillen wollen? Zweifellos entstünde dann eine sehr intime, vielleicht auch erotisch getönte Beziehungssituation, und es mag fraglich erscheinen, ob dann noch eine analytische Arbeit möglich sein kann. Die Literatur gibt darüber wenig Auskunft, sei es, dass dieser Fall selten vorkommt, oder sei es auch nur, dass Psychotherapeuten solch starke Veränderungen des Rahmens der analytischen Situation nur ungern einräumen.
In: Forum der Psychoanalyse. Online First
Neue soziologische Feuilletons, die im Kleinsten das Große der Gesellschaft entdecken: über High Heels, Blockschokolade, Messebesucher, über Karl Lagerfeld, Pina Bausch oder Max Weber in Lourdes, über Tagestouristen und alltägliche Redewendungen wie #ich geb’s weiter‘.
S. FISCHER Verlag
Anna Freud and Observation: Memoirs of Her Colleagues from the Hampstead War Nurseries
Journal of Infant, Child, and Adolescent Psychotherapy
Vol. 16 (2017) Issue 2
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Die Beiträge des Sammelbands behandeln klinische Erfahrungen mit Überlebenden der Shoah.
Es werden therapeutische Verfahren vorgestellt, die sich in der klinischen Praxis bewährt haben, unter besonderer Berücksichtigung von Übertragungsphänomenen.
Routledge, 1st Edition, 2017
Die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) ist ein wirksamer Ansatz bei Patienten mit Schwierigkeiten in der Emotionsregulation. Seit neuestem wird sie auch bei Depressionen erfolgreich angewandt.
Dieses Grundlagenbuch verbindet anschaulich Theorie und klinische Anwendung.
Reihe Mentalisieren in Klinik und Praxis. Hrsg. von Ulrich Schultz-Venrath, 1. Aufl. 2017
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Supervision entstand unter maßgeblicher Beteiligung des IPU Studiengangs Organisational Studies. Enthalten sind Beiträge von Ronny Jahn und Andreas Nolten, Thomas Giernalczyk und Mathias Lohmer, Andreas Hamburger, Thomas Kühn, Kai H. Kuljurgis, Sascha Langewand, Thomas Loer, Marga Löwer-Hirsch, Beate Pauluth-Cassel sowie Beate West-Leuer. Das Heft geht in begrifflich-theoretischer Hinsicht der Frage nach, was psychoanalytisch orientierte Supervision und Organisationsberatung im Kern ausmacht. Gleichzeitig zeigen „ungeschminkte“ Fallbeispiele, wie sich psychoanalytisch orientierte Supervision und Organisationsberatung praktisch realisiert und wie schwierig und alles andere als geradlinig und „erfolgssicher“ psychoanalytisch orientierte Arbeit im organisationalen Kontext ist.
In: Psyche, Januar 2017, 71. Jg., Heft 1, pp 28-59
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Das zweibändige Einführungswerk der Buchreihe "Supervision im Dialog" informiert über Supervisionsbegriffe und -schwerpunkte in verschiedenen Disziplinen und Anwendungsbereichen sowie über aktuelle Entwicklungen und Kontroversen.
Als Auftakt zu der Buchreihe "Supervision im Dialog" soll dieser Band einen ersten Einstieg ermöglichen.
Die Beiträge berichten in kurzgefasster Form und in einem einheitlichen Aufbau über ihr jeweiliges Gebiet und erläutern ein zentrales Thema mittels eines kurzen Beispiels.
Marcel Proust hat der Madeleine ein literarisches Denkmal gesetzt, Günther Grass die »Ahoj«-Brause in der »Blechtrommel« verewigt. Doch wer feiert heute noch den süßen Schmerz, den der Genuss eines Himbeerbonbons verursachte, wer erinnert sich an das Lässigkeitsversprechen des Kaugummis, dem heimlichen Verbündeten der Reeducation, wer gedenkt noch der giftgrünen Verheißung der »Götterspeise«? Mit diesen überaus amüsanten Capriccios, in denen hie und da etwas Wehmut aufscheint, lässt Tilman Allert die Geschmäcker einer Kindheit in den frühen Jahren der Bundesrepublik aufleben: wie ein vorsorglich in der Hosentasche verstautes »Vivil« über die Befangenheit vor dem ersten Kuss hinweghalf, was der verlockend leuchtende Liebesapfel seinem Esser an Geschicklichkeit abverlangte, welcher Zungenakrobatik es bedurfte, um die Hostie vom Gaumen zu lösen und wie ein Kamillendampfbad dem Kranken alle Sinne gleichermaßen vernebelte ...
Ronny Jahn geht der Frage nach, was einen Manager im Finanzwesen von einem Schulleiter unterscheidet. Der Autor bietet ungewohnte Einblicke in die tägliche Arbeit von Schulleitern, zeigt, worin sie und Führungskräfte anderer Berufsfelder sich gleichen und unterscheiden und arbeitet dabei die Besonderheit der Schule als Organisation und Institution heraus. Es ist nicht das Managen, das die Arbeit eines Schulleiters prägt. Die besondere Herausforderung in der Leitung einer Schule liegt in der stetigen Auseinandersetzung mit dem Sog des Infantilen in einer Kultur des Machtverdikt.
Konversationsanalyse und psychotherapeutische Prozessforschung bilden ein neues Feld, das neue Einsichten für die therapeutische Praxis verspricht. Der Fall der Amalie, besonders ihre 152. Sitzung, ist bereits mit mehreren Methoden untersucht worden. Die Autoren geben zuerst einen kurzen Überblick darüber, um dann auf der Grundlage einer neuen, differenzierteren Transkription ihre eigene Analyse anzuschließen. Die Autoren zeigen a) wie Analytiker und Patienten ihr gemeinsames Konversationsobjekt, »Psychoanalyse« genannt, hervorbringen; b) wie eine Vielzahl bislang nicht beschriebener therapeutischer Werkzeuge eingesetzt werden, die am besten als »Praktiken« zusammengefasst werden; c) wie ein »Tanz der Einsicht« von beiden Teilnehmern vollbracht wird, um Muster der Interaktion »von beiden Positionen« transparent werden zu lassen; d) wie die Teilnehmer Metaphern als kognitive und konversationelle Instrumente kreieren, um die enorme Komplexität des analytischen Austausches handhaben zu können; e) dass prosodische Rhythmizität und andere prosodische Charakteristika am besten in einem Drei-Ebenen-Modell der analytischen Konversation abgebildet werden, die als »interaction engine«, »sprechen zu« und »sprechen über« beschrieben werden.
Psyche. Heft 2, Februar 2016, 70. Jahrgang, pp 97-133
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Unser gesamtes Denken, unsere Wissensorganisation, unsere Medien und unsere tägliche Konversation, zu der auch Mimik und Gestik zählen, sind durchzogen von Sprachbildern. Diese Erkenntnis macht eine »multimodale« Analyse von Metaphern unumgänglich. Obwohl bereits Freud den Zusammenhang von Körper und Psyche erkannte, im psychoanalytischen Gespräch auch nonverbale Sprache detektivisch präzise beschrieb und auf diese Weise zahlreiche Metaphern aufdeckte und erschuf, sind diese komplexen sprachlichen Figuren im therapeutischen Dialog kaum erforscht. Die Beiträgerinnen und Beiträger beleuchten die alltägliche Macht der Metapher und erläutern, wie Probleme oft nur mithilfe von Sprachbildern zum Ausdruck kommen, wie sie bewusstes und unbewusstes Erleben organisieren und wie ihr Verständnis dazu beitragen kann, kulturelle Unterschiede zu verstehen und zwischen verschiedenen Kulturen zu vermitteln. Insgesamt zeigt sich, wie moderne Metapherntheorie und Psychotherapie einander neue Wege des Verständnisses erschließen können.
Zentrales Thema der Beiträge dieses Schwerpunktheftes ist die Spannung von Perfektionierung und Destruktivität auf unterschiedlichen Ebenen des Sozialen und Psychischen: Wie ist das Verhältnis von Perfektion und Destruktion konzeptionell und praktisch zu bestimmen? Unter welchen Bedingungen schlägt das Streben nach Vervollkommnung um in eher gegenläufige, zerstörerische Entwicklungen? Lassen sich Umschlagpunkte rekonstruieren, an denen beabsichtigte Verbesserung in ihr Gegenteil kippt? Die verschiedenen Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen, mit variierenden transdisziplinären Verknüpfungen, theoretischen oder konzeptionellen Rahmungen, empirischen und thematischen Schwerpunkten verdeutlichen insofern auf eindrucksvolle Weise die vielfältigen Begleiterscheinungen und Fallstricke einer kaum aufhaltbaren, kulturellen und zugleich individuell hochgradig spürbaren und praktisch folgenreichen Optimierungsdynamik. Diese vermag zwar – etwa technisch-instrumentelle – Innovationen und entsprechende Steigerungen in einzelnen Bereichen und Belangen hervorzubringen. Sie ist jedoch zugleich in Hinblick auf ihre gegenläufigen Potenziale und kehrseitigen destruktiven psychosozialen und psychischen Folgen zu analysieren.
Die Bilder von Frauen und Männern im Kino sind stets Konstrukte der Filmemacher und des Publikums. Jean Cocteaus Film La Belle et la Bête (Frankreich 1946) bedient sich des antiken Tierbräutigam-Motivs und macht daraus eine empathische Schilderung einer gefährdeten Männlichkeit. Indem er das Monster als Leidenden zeigt, hinterfragt Cocteau als Reaktion auf Weltkrieg und Holocaust die abgewirtschaftete hegemoniale Männlichkeit und zeichnet einen halluzinatorischen Heilungsversuch für eine traumatisierte Generation. Das bewusst unglaubwürdig gestaltete Ende des Films stellt Frauen- und Männerbilder jenseits kompensatorischer Märchenträume infrage. Der vorliegende Band widmet sich dem Filmklassiker unter der Fragestellung der Gender- und insbesondere der Männlichkeitskonstruktion im Film. Die interdisziplinären Beiträge aus Psychoanalyse, Literatur- und Filmwissenschaft zeigen, wie in La Belle et la Bête unterschwellige Themen von der sexuellen Entwicklung bis zur Krise der Männlichkeit verhandelt werden. Mit Beiträgen von Andreas Hamburger, Christine Kirchhoff, Marianne Leuzinger-Bohleber, Wolfgang Mertens, Andreas Rost und Andrea Sabbadini.
Die derzeitige kulturelle »Erregtheit« um die Figur des Kindes bildet einen Ausgangspunkt dieser kulturwissenschaftlichen Studie. Diese »Erregtheit« erweist sich als Teil gesellschaftlicher Konflikthaftigkeit: Abgewehrtes kehrt in westlichen Bildern bzw. Diskursen kindlich-jugendlicher Sexualität mannigfach wieder. Im Buch werden Materialien aus Kunst und Medien analysiert, die grenzüberschreitende Aspekte von Sexualität thematisieren. In einem breiten Spektrum spielen z. B. Motive von Missbrauch, »sexueller Verwahrlosung«, Unschuldsverlust oder auch Verführtsein eine Rolle. Zugleich lassen die untersuchten Produktionen in der Rezeption selbst nicht in Ruhe – und so stellt sich auch die Frage nach den hier wirksamen »Übergriffen« und Lustgewinnen.