Dass die Bedingungen, die Auschwitz möglich machten, bis heute fortbestehen – das sei »das ganze Grauen«, so Theodor W. Adorno in seinem Radiovortrag Erziehung nach Auschwitz (1966). Am 7. Oktober trat dieses Grauen in seiner ganzen Offenheit zu Tage, als die islamistische Terrororganisation Hamas die israelische Grenze durchbrach und in einem sorgfältig geplanten Akt barbarischer Gewalt die schlimmsten Massaker an Jüdinnen und Juden seit der Shoah verrichtete. Es zeigte sich nicht nur in dem Zusammenspiel aus enthemmter Grausamkeit und planerischem Kalkül, wie sie bei der Vorbereitung und Durchführung der Taten selbst zum Ausdruck kamen, sondern gerade auch in den »Gefühlsbeteiligungen« der Massen und den Reaktionen oder Nicht-Reaktionen der zuschauenden Welt. Vielerorts wurde der 7. Oktober zu einem Akt des Widerstands und der (dekolonialen) Befreiung verklärt und bejubelt. Parolen, die die antisemitische Motivation der Massaker leugneten, und Aufrufe zum Genozid an der israelischen Bevölkerung wurden auf den Straßen westlicher Großstädte zehntausendfach skandiert. Dabei waren es ausgerechnet Angehörige der politischen Linken, Intellektuelle und sich als fortschrittlich wähnende Studierende, die sich zu Wortführern dieser Bewegungen machten und damit ihre ganze moralische Verkommenheit demonstrierten.
Die alarmierende Virulenz des Antisemitismus ist Ausdruck einer tiefreichenden Krise der westlichen und arabischen Gesellschaften und ihrer Subjekte. Die Attacke des 7. Oktober stellt eine Zäsur dar, deren Übergehen, Relativieren und falsches »Kontextualisieren« mit Kritik und Analyse begegnet werden muss. Nachdem sich die Veranstaltungen der »krIPU« im Winter 2023/24 mit Antisemitismus aus psychoanalytischer Perspektive befasst haben, wird die Vortragsreihe »das ganze Grauen« dieses Vorhaben deshalb weiterführen und gleichzeitig einen Schritt zurückgehen: denn die Ereignisse des 7. Oktober und die internationalen Reaktionen darauf fordern auch ein Schockiert-Sein, Innehalten, Trauern und Aushalten im Angesicht der antisemitischen Grausamkeiten, der Unverhohlenheit und dem Lustcharakter der Taten und ihrer Befürwortung.
Wie konnte es so weit kommen? Warum ist es so schwierig, den 7. Oktober als traumatisches Ereignis (an)zuerkennen? Wie konnte sich ausgerechnet an Universitäten eine Art gebildeter oder »moralischer Antisemitismus« (Geisel) derart zuspitzen? Welche Attraktion üben der Terror gegen Israel und islamischer Fundamentalismus auf die Subjekte im Westen aus? Und auf welche Grenzen stößt psychoanalytische »Aufklärungsarbeit« (Freud) bei dem Versuch, Antworten darauf zu finden? Die Vortragsreihe im Sommer 2024 soll sich diesen und weiteren Fragen stellen und lädt ein zur gemeinsamen Diskussion mit internationalen Gästen.
Die krIPU ist eine studentische Initiative an der IPU Berlin, die sich regelmäßig trifft und Veranstaltungen organisiert, um die Möglichkeiten und Grenzen einer gesellschaftskritischen und politischen Psychoanalyse, ihre überschaubare Geschichte und ihre ungewisse Zukunft zu diskutieren. Interessierte sind eingeladen, sich in Verbindung zu setzen.
Gefördert durch den StuRa und die Freunde und Förderer der IPU Berlin e.V.
19.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Vortrag & Diskussion mit Martin Auerbach (Jerusalem)
— Menschen, die ein massives Trauma erfahren haben, stehen vor der schwierigen Aufgabe, das Erlebte zu verarbeiten. Das Geschehnis überwältigt oft die Fähigkeit der Psyche, es voll wahrzunehmen und in ein Narrativ einzuordnen. Manchmal dauert dies eine lange Zeit – Monate, Jahre und Jahrzehnte.
Man kann gleichzeitig »Wissen und Nicht-Wissen« (Dori Laub, engl. »Knowing and Not Knowing«). Wann ist es Verdrängen, eine Schwierigkeit der Erinnerung und des Einordnens – des Wissens vom Ereignis? Wann ist es ein aktives Verleugnen? Die persönliche Erinnerungsarbeit betrifft nicht nur die Überlebenden der Traumata, sondern ist auch eine Aufgabe für die nachfolgenden Generationen, für Andere, die nicht direkt betroffen waren, und auch für die Täter.
Im Vortrag werde ich anhand von persönlichen Beispielen die Schwierigkeit und die Möglichkeiten des Erkennens der nachfolgenden (zweiten) Generation darstellen. Dokumentaraufnahmen und Medien – vor allem soziale Medien heute – haben eine große Rolle am (An)Erkennen und Wahrnehmen von Ereignissen. Ich diskutiere diese Rolle an kurzen Beispielen: anhand der Aufnahmen von der Ankunft von jüdischen Flüchtlingen am Ende des Zweiten Weltkrieges in Schweden und der Identifizierung einiger dieser Menschen, um ihnen »einen Namen« und eine Identität zu geben, und anhand eines Films, der einige in Echtzeit aufgenommene Dokumentationen des Massakers vom 7. Oktober 2023 zeigt.
Dr. Martin Auerbach ist Psychiater und Psychotherapeut. Er wurde in Wien als Kind von Holocaustüberlebenden geboren. Seit 1984 lebt er in Jerusalem. Dort war er zwei Jahrzehnte in leitenden Funktionen in Psychosozialen Therapiezentren tätig. Seine Interessen liegen im Bereich der Psychotherapie, der Behandlung der Folgen von Traumata und von Holocaustüberlebenden und Flüchtlingen im Speziellen. Seit 1993 war er Psychiatrischer Berater bei Amcha Jerusalem und von 2007 bis 2024 der Klinische Direktor von Amcha Israel.
20.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Alle Informationen zur Veranstaltung und zur Anmeldung finden Sie hier.
19.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Vortrag & Diskussion mit Sama Maani (Wien)
— Seit dem Sieg der islamischen Revolution im Jahre 1979 wird die iranische Gesellschaft mit antiisraelischer und antiamerikanischer Propaganda überflutet. Während die antiamerikanische Propaganda aber keineswegs erfolgreich war, schien es bis vor einigen Jahren nicht sicher, ob man dies auch von der Propaganda gegen Israel behauptet könne und ob – nach einem allfälligen Regimewechsel – ein demokratisch verfasster Iran Israel gegenüber eine freundliche Haltung einnehmen würde.
Der Vortrag vertritt die These, dass sich spätestens seit den landesweiten Protesten im Winter 2017/18 und im November 2019 sowie der Frau-Leben-Freiheit-Bewegung 2022/23 die Haltung weiter Teile der iranischen Gesellschaft gegenüber Israel signifikant gewandelt hat. Und versucht, die Hintergründe dieser Veränderung zu analysieren.
Sama Maani, geboren in Graz, aufgewachsen in Österreich, Deutschland und im Iran. Studium der Medizin in Wien und der Philosophie in Zürich. Arbeitet heute – nach jahrelanger Tätigkeit als Nervenarzt und Psychoanalytiker – als freier Schriftsteller in Wien. Publikationen (u.a.): Respektverweigerung. Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten. Und die eigene auch nicht (Essayband 2015), Teheran Wunderland (Roman 2018), Warum ich über den Islam nicht mehr rede (Essayband 2022). Sein jüngster Roman Zizek in Teheran (2021) wurde eineinhalb Jahre vor der sogenannten Feministischen Revolution im Iran publiziert und handelt von einer Revolution der Frauen in der fiktiven „Islamischen Republik Teheran“, ausgelöst durch einen geheimnisvollen Text, dessen männliche Leser sich in Frauen verwandeln.
Achtung: Der Vortrag entfällt
— »Une vie est une vie«, »all lives matter«, »jedes Leben zählt«. Ein Großteil der moralischen Empörung, die relativ unmittelbar nach dem israelischen Gegenschlag in Gaza einsetzte, stützt sich auf solche teils tautologischen Aussagen. Dass alle Leben gleich gelten sollen, ist die universalistische Grundüberzeugung, die sich hier ausdrückt. Diese unbestreitbare Behauptung der Gleich-Gültigkeit aller Leben kann jedoch zur Folge haben, dass man die Frage nach der Intention, welche die Auslöschung des Lebens des Anderen motiviert, nicht mehr stellt. Wenigstens ist die Vermutung erlaubt, dass die Unfähigkeit der moralischen Empörung, die Massenvergewaltigungen der israelischen Frauen durch die Kämpfer der Hamas und des islamischen Jihads zur Kenntnis zu nehmen, ja die extrem verstörende Tendenz, sie trotz aller objektiver Datenlage zu leugnen, Anzeichen für den Unwillen dieses moralischen Universalismus ist, die Frage nach den Intentionen und Motiven der Akteure zu stellen. Denn Intentionen differenzieren zwischen Akteuren und zwingen zu politischen Fragen, die jene der abstrakten Moral überschreiten. Und gerade in Hinblick auf Akte extremer Gewalt (Mord, Vergewaltigung, Verstümmelung) verweist die Frage nach der Intentionalität auch auf die Frage der kollektiven Ideale, welche es den Individuen erlauben, fundamentale Verbote zu überschreiten oder sie in Hinblick auf bestimmte »Andere« gar nicht als Verbote zu erleben. Der Vortrag widmet sich so zwei Fragen: Was braucht es, um zu vergewaltigen? Und warum wollen wir genau diese Frage nicht stellen?
Julia Christ ist Philosophin. Seit 2016 ist sie Forscherin am CNRS und arbeitet an der Ecole des Hautes Etudes en sciences sociales (EHESS) Paris, wo sie Direktorin des Laboratoire interdisciplinaire des études sur les reflexivités (LIER) ist. Zwischen 2010 und 2016 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin von Axel Honneth am Lehrstuhl für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Nach ersten Arbeiten über die Auswirkungen der Entstehung soziologischen Wissens auf den Begriff der Kritik in der Philosophie Th. W. Adornos (Kritik des Spiels. Spiel der Kritik. Zur Sozialphilosophie Adornos, Baden-Baden, Nomos, 2017) interessierte sie für die religiösen Quellen der modernen, per Definition säkularen Kritik. In einer soziologischen Aktualisierung der Hegelschen Philosophie hat sie in ihren letzten Arbeiten einen der Hauptbegriffe des modernen kritischen Denkens – den des »Allgemeinen«/»Universellen« – aufgegriffen, um zu zeigen, dass die zeitgenössische Kritik des okzidentalen Universalismus sich selbst weitgehend auf einen christlich-liberal geprägten Begriff des Universellen stützt, gerade dort, wo sie sich zu dessen schärfstem Gegner macht (L’oubli de l’universel. Hegel critique du libéralisme, Paris, PUF, 2021).
Mitgründerin und Redaktionsmitglied der Wochenzeitschrift K. Les Juifs, l’Europe, le XXIe siècle (https://k-larevue.com/en/), ist sie Autorin zahlreicher Artikel, in denen sie sich mit der Krise des europäischen politischen Denkens im Zusammenhang mit der Krise des jüdischen Lebens in Europa und den Angriffen auf die jüdisch-europäischen Geschichte auseinandersetzt.
Die Veranstaltung muss leider entfallen.
19.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Die Konkurrenz der Opfer. Zum postkolonialen Antisemitismus (Jan Gerber)
19.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Von der Besonderheit des Holocaust scheint eine Kränkung auszugehen. In dem Maß, in dem die Grenzen der instrumentellen Vernunft durch die Vernichtung der europäischen Juden nicht, wie durch andere genozidale Verbrechen, bis zum Äußersten ausgedehnt, sondern überschritten wurden, traten – horribile dictu – auch die schrecklichsten Kolonialgräuel in seinen Schatten, nicht moralisch, wohl aber epistemisch. Auch deshalb wird die Erinnerung an die Vernichtung der europäischen Juden für viele postkoloniale Theoretiker und Aktivisten zum Ärgernis. Die oft beklagte Opferkonkurrenz geht nicht nur auf den tatsächlichen Skandal zurück, dass Kolonialverbrechen lange kaum beachtet wurden, sondern schrecklicherweise auch auf die Dimension des Holocaust selbst, der sich instrumenteller Vernunft und rationaler Begründung, auch noch der allerzynischsten, entzieht. Im Rahmen des Vortrags wird dieser Verbindung ebenso nachgegangen wie dem Bedeutungswandel der Sozialfigur des Opfers. Ihr kommt in kollektiven Selbstverortungen seit den 1970er Jahren eine immer größere Bedeutung zu. Zugleich wird gezeigt, dass die Präzedenzlosigkeit des Holocaust auch ältere Töne des Ressentiments zum Klingen bringt. Gemeint ist die theologisch umstrittene Frage der Auserwähltheit des Judentums, die historisch regelmäßig Hass, Missgunst und Abwehr nach sich zog. Die Besonderheit der Massenvernichtung berührt diese vorgelagerten Motive des kollektiven Unbewussten, die bis in die Entstehungszeit des Monotheismus zurückreichen. Auch deshalb ist der postkoloniale Blick auf den Holocaust und Israel, das nicht zuletzt als Reaktion auf die Vernichtung gegründet wurde, oft ebenso eingeschränkt wie erstarrt: Neue Ressentiments treffen auf alte Idiosynkrasien und verstärken sich wechselseitig.
Prof. Dr. Jan Gerber leitet am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur das Forschungsressort „Politik“. Letzte Veröffentlichungen: Das letzte Gefecht. Die Linke im Kalten Krieg, erweiterte Neuauflage, Berlin: XS-Verlag 2022; Geschichtsoptimismus und Katastrophenbewusstsein. Europa nach dem Holocaust, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2022 (hg. zus. mit Philipp Graf und Anna Pollmann); Die Untiefen des Postkolonialismus, Schwerpunkt, in: Hallische Jahrbücher 1 (2021), Berlin: Edition Tiamat (als Hg.).
19.00 Uhr (bis ca. 22.00 Uhr), Stromstr. 91b, Hörsaal 4
Mit WARUM ISRAEL (Pourquoi Israël, 1973) gelingt dem Résistance-Kämpfer, Journalisten und Publizisten Claude Lanzmann (u.a. Shoah, 1985; Tsahal, 1994) nicht nur sein Debut als Regisseur, sondern auch, wenn nicht die Beantwortung, dann zumindest die Darstellung der Auseinandersetzung mit Fragen, die er zuvor in schriftlicher Form seinen Ansprüchen nach nicht zufriedenstellend bearbeiten konnte. Es sind die Fragen eines jungen Mannes, dessen Familiengeschichte vom Kampf gegen den Faschismus geprägt ist, der sich des Zufalls seines Aufwachsens „ohne jüdische Kultur“ in Frankreich bewusst wird, und der mit einem Aufsatz eines Freundes, Sartres Überlegungen zur Judenfrage (1946), in der Tasche 1952 das erste Mal nach Israel reist. Diese Fragen klingen in etwa so: „Was ist das: Normalität? Was ist das: Ein Land, in dem jeder Jude ist?“ oder auch: „Wer ist ein Jude?“.
WARUM ISRAEL ist, wie es auf der Website des Filmverlags heißt, eines der „bemerkenswertesten Zeitdokumente über den Staat Israel und sein Selbstverständnis, seine religiösen und politischen Fundamente und vor allem: seine Bürger. Sie sind es, die im Film zu Wort kommen – Angehörige der ersten Siedlergeneration, Neueinwanderer aus der Sowjetunion, Arbeiter, Intellektuelle, junge Israelis. Ohne belehrenden Kommentar, ohne jede propagandistische Geste, dafür mit großer persönlicher Anteilnahme und viel Humor, spürt Lanzmann den Errungenschaften und Widersprüchen einer entstehenden israelischen Nation nach. So ergibt sich ein lebendiges Panorama der einzigartigen Vielfalt dieses Landes, seiner Paradoxien, Spannungen – und seiner schwierigen »Normalität«“. (https://film.absolutmedien.de/warum-israel-booklet/)
Im Anschluss an die Filmvorführung ist Zeit für eine gemeinsame Diskussion.
19.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Vortrag & Diskussion mit Christine Kirchhoff (Berlin)
— Theodor W. Adorno schrieb, dass der „Hass gegen die Psychoanalyse unmittelbar eins (sei) mit dem Antisemitismus“, nicht nur da Freud Jude war, „sondern weil die Psychoanalyse genau in jener kritischen Selbstbesinnung besteht, welche die Antisemiten in Weißglut versetzt.“ (Adorno 1959)
Eine psychoanalytische Auseinandersetzung mit und eine Kritik des Antisemitismus ist seit dem 07.10. dringlicher denn je, zeigt sich seitdem doch eindrücklich, wie latent schon lange vorhandener Antisemitismus virulent wird und sich ausbreitet. Moderner Antisemitismus zielt auf Vernichtung: Erst wenn die Juden von der Welt bzw. Israel von der Landkarte verschwunden ist, dann ist alles gut, d.h. vollkommen, lückenlos und ohne Widersprüche, so lässt sich die zentrale, auf Projektion beruhende, antisemitische Phantasie zusammenfassen.
Der Vortrag untersucht die Psychodynamik des Antisemitismus, erläutert diese an aktuellen Beispielen aus Medien und von Demonstrationen und stellt die Frage, was heute unter der „kritischen Selbstbesinnung“ bzw. einer „Erziehung zur Mündigkeit“ zu verstehen sein könnte.
Prof. Dr. phil. Christine Kirchhoff ist Professorin für Psychoanalyse, Subjekt- und Kulturtheorie an der IPU in Berlin und Psychoanalytikerin (DPV/IPA) in eigener Praxis.
19.00 Uhr, Stromstr. 2, Hörsaal 1
Vortrag & Diskussion mit Mahrokh Charlier (Berlin)
— Den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 haben vor allem Postmigranten-Jugendliche mit Genugtuung gefeiert. Es stellt sich die Frage, wie diese Reaktion von Menschen, die vermutlich in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und keinerlei eigene Erfahrungen mit gesellschaftlicher Gewalt erlebt haben, verstanden werden kann.
In meinem Vortrag möchte ich Gedanken zu den psychischen Hintergründen solchen Verhaltens aus psychoanalytischer Sicht nachgehen, um damit einen Diskussionsraum zu ermöglichen.
Mahrokh Charlier wurde geboren in Teheran, Iran. Sie lebt seit 1967 in Deutschland. Sie ist Psychoanalytikerin der deutschen und internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, Gruppenanalytikerin und Supervisorin. Von 1982 bis 2017 Mitglied der Ambulanz des Frankfurter Psychoanalytischen Instituts und seit kurzem auch Mitglied des Berliner Psychoanalytischen Instituts. Forschungsschwerpunkte: Kulturtheorie, Religionswissenschaft, Ethnopsychoanalyse und Migration. Buchveröffentlichung: Ost-westliche Grenzgänge. Psychoanalytische Erkundungen kultureller und psychischer Differenzen zwischen »Orient« und »Okzident« (erschienen 2017 im Psychosozial Verlag).
Weitere Veröffentlichungen (u.a.) in: Autoritarismus (2019, Hrsg. Oliver Decker und Christoph Türcke); Migration, Flucht und Kindesentwicklung (2016, Hrsg. Claudia Burkhardt-Mußmann und Frank Dammasch); Religion und Fanatismus (2010, Hrsg. Marianne Leuzinger-Bohleber und Paul-Gerhard Klumbies); Jungen in der Krise (2007, Hrsg. Frank Dammasch).