Mit dieser Vortragsreihe laden wir dazu ein, transgeschlechtliche Lebensrealitäten als festen Bestandteil psychotherapeutischer und psychoanalytischer Praxis zu begreifen. Im Zentrum stehen Perspektiven aus der gelebten Praxis – von Menschen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie eine geschlechtersensible und trans*inklusive Haltung konkret aussehen kann.
Dabei geht es nicht nur um fachlichen Austausch, sondern auch um die gemeinsame Suche nach einem verstehenden, offenen und respektvollen Umgang mit Geschlecht jenseits binärer und normativer Zuschreibungen. Wir möchten dafür sowohl einen Blick in die Vergangenheit werfen, um Entwicklungen besser zu verstehen, als auch gemeinsam die Gegenwart in den Blick nehmen, um Räume für zukünftige Perspektiven zu öffnen. Die Reihe versteht sich als Impuls, bestehende Denkweisen zu hinterfragen, neue Handlungsräume zu eröffnen und Psychoanalyse wie Psychotherapie als lebendige, sich entwickelnde Disziplin zu stärken.
Die Queer IPU ist eine von Studierenden geleitete Initiative an der International Psychoanalytic University (IPU) in Berlin, die sich für die Anerkennung von Queer-, Trans- und Inter-Leben in der psychoanalytischen Theorie und Praxis einsetzt.
Die Vorträge finden in Präsenz statt. Die Teilnahme ist kostenlos und alle sind willkommen!
Vortrag und Diskussion mit Annette Güldenring
19:00 Uhr, Hörsaal 1, Stromstraße 2, 3. OG, 10555 Berlin
— Der Vortrag beleuchtet die Geschichte geschlechtlicher Varianz - eine Geschichte, die lange verleugnet und exotisiert wurde. Er erzählt von einem ziellosen Suchen nach Identitäten und Körperlichkeiten, für die es keine Begriffe, keine Vorbilder und keine anerkannten Vorfahren gab. Dieses Suchen war ein tastendes Erkunden des eigenen Inneren, ein oft stammelndes Mitteilen, das auf verwirrte, überforderte oder unwissende Blicke stieß - Blicke, die sich zu Urteilen verfestigten, oft ungerecht und verletzend. Begegnungen und Gespräche wurden im Keim erstickt. Jahrzehnte gingen ins Land und die Themen um Geschlecht wurden zu einem Palavern und Tuscheln in Wirtshäusern, Ehebetten und Regierungsbänken. Dort redeten sie an den Möglichkeiten geschlechtlicher Vielfalt vorbei, sprachen Toasts mit Sekt und Bier über die bewährte und zugleich schützende Kleiderordnung. Aber hier und da erwuchs dennoch ein Innehalten und Nachfragen über sich selbst, geschlechtlich anders als die anderen zu sein. Ein Seiltanz, sich in einem eigenen Geschlecht ernst zu nehmen unter der Gefahr von Schmach und Ausgrenzung, die ein Zeugnis dafür ist, wie roh die Welt mit ihrem geschlechtlichem Kleinod umgeht, ohne zu sehen, was sie für sich verspielt. Heute wird mehr und öffentlich über Geschlechtlichkeiten gesprochen. Manche probieren sich aus, formen für sich, für ihr Geschlecht, für ihr Fühlen und Tasten eigene Worte, für die es keinen Duden gibt. Für andere ist die Vielfalt des Geschlechtlichen eine nahezu existentielle Bedrohung, es bilden sich Fronten um ein „richtiges oder gesundes“ Geschlecht, durch alle Altersgruppen. Diese Fronten bergen Kampf und Gewalt und spitzen sich bedrohlich zu. Da wir alle ein Geschlecht haben, sind wir alle beteiligt. Es steht viel auf dem Spiel - für uns alle.
Der Vortrag spannt den Bogen von einem historischen Rückblick bis zu den aktuellen Kontroversen, zeigt unterschiedliche Positionen auf: das Ringen darum,
Geschlecht in seiner individuellen Ausdrucksform leben zu dürfen - oder zu vernichten. Er lädt ein, mitzudenken, mitzuhören, mitzuspüren, Fragen zu stellen und Antworten zu suchen. Jedes geschlechtliche Selbst ist als einzigartige, wertvolle Existenz herzlich willkommen.
Vortrag und Diskussion mit Gisela Fux Wolf
19:00 Uhr, Hörsaal 1, Stromstraße 2, 3. OG, 10555 Berlin
— Trans* Personen kommen mit einer Vielzahl von spezifischen Anliegen in eine Psychotherapie: manche trans* Personen benötigen eine Psychotherapie aufgrund von belastenden Symptomen, die in einem gesellschaftlichen Kontext entstanden sind, in welchem sie marginalisiert werden. Zudem sehen die strukturellen Bedingungen (Richtlinien des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen) für trans*Personen auf dem Weg zur geschlechtsaffirmativen medizinischen Behandlung eine begleitende Psychotherapie vor, was durch den damit verbundenen Eingriff in die Selbstbestimmung problematisch ist. In dieser Veranstaltung sollen Abläufe einer psychotherapeutischen Begleitung von trans* Personen vorgestellt und dabei u.a. folgenden Fragen nachgegangen werden: Wie können Psychotherapeut_innen die Behandlungsbeziehung im Wissen um den kontextuellen Rahmen trans*resepktvoll gestalten? Wie sieht ein fachgerechtes psychotherapeutisches Angebot für trans* Personen aus und wie nicht? Welche Rechte haben trans* Personen in einer Psychotherapie? Woran lässt sich eine geeignete Psychotherapeut_ in erkennen? Was können trans* Personen tun, wenn sie keinen Respekt in einer Psychotherapie erfahren? Was bedeutet die aktuelle Diagnose F64.0 im ICD 10 in der Praxis und welche Weiterentwicklungen stehen mit der neuen Diagnose HA 60 in der ICD 11 an?
Safe the Date:
20. November 2025
04. Dezember 2025
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Die QueerIPU und die Vortragsreihe werden vom StuRa der IPU finanziell unterstützt.