Affektregulation in Träumen und Strukturniveau der Persönlichkeit

gefördert durch die Stiftung zur Förderung der universitären Psychoanalyse und die Köhler-Stiftung

Leitung IPU

Prof. Dr. Lutz Wittmann

Projektbeschreibung

Dieses Forschungsprojekt untersucht die Beziehung zwischen unterschiedlichen Niveaus der Persönlichkeitsorganisation und der Affektregulation im Traum. Das Strukturniveau der Persönlichkeit rekurriert auf die psychoanalytische Objektbeziehungstheorie. Kernberg (2004) zufolge werden neurotisches, borderline und niedriges Strukturniveau unterschieden. Dieses Kontinuum bezieht sich auf die Schwere der Beeinträchtigung von Fähigkeiten wie z.B. Selbst- und Objektwahrnehmung oder zur Bindung. Beeinträchtigungen dieser Fähigkeiten werden als Folge von frühkindlichen Entwicklungsstörungen verstanden, die durch ihre Fixierung später im Adoleszenten- und Erwachsenenalter zu Persönlichkeitsstörungen führen können. Ein zentrales Kriterium für das Strukturniveau der Persönlichkeit ist die Fähigkeit zur Affektregulierung. Moser und von Zeppelin (1996) betrachten die Affektregulation im Rahmen ihres Traumgenerierungsmodells als zentralen Parameter. Mit dem Zurich Dream Process Coding System (ZDPCS; (Moser & Hortig, 2019) lässt sich die Affektregulierung im Traum empirisch erfassen. Es wird angenommen, dass eine reifere Persönlichkeitsorganisation mit einer höheren Flexibilität in der Affektregulation im Traum verbunden ist. So weisen beispielsweise neurotische Träume im Vergleich zu Borderline-Träumen (Rohde-Dachser, 1983) eine komplexere narrative Struktur auf. Das vorliegende Projekt will Befunde aus vorherigen psychoanalytischen empirischen Traumforschungsstudien (Döll-Hentschker, 2008; Euler et al., 2016; Kempe, Köpp, Blomert, et al., 2024; Kempe, Köpp, & Wittmann, 2024) replizieren und erweitern. Dazu soll zum einen eine genügend große Stichprobe erhoben werden, um Zusammenhänge zwischen der Affektregulation im Traum und dem Strukturniveau der Persönlichkeit adäquat untersuchen zu können. Erstmals soll dabei innerhalb einer Studie das gesamte Spektrum des Strukturniveaus der Persönlichkeit im Zusammenhang mit Träumen untersucht werden. Hierzu werden neben Patient:innen in ambulanter Psychotherapie mit neurotischer oder borderline Persönlichkeitsorganisation auch Patient:innen mit niedrigem Strukturniveau in einem stationären Setting untersucht sowie eine Vergleichsstichprobe, die sich nicht in Behandlung befindet und sich selbst als symptomfrei einschätzt. Neben den querschnittlichen Untersuchungen wird die Stichprobe aus dem stationären Aufenthalt auch im Längsschnitt untersucht.

Referenzen

  • Döll-Hentschker, S. (2008). Die Veränderung von Träumen in psychoanalytischen Behandlungen: Affekttheorie, Affektregulierung und Traumkodierung. Brandes & Apsel.
  • Euler, J., Henkel, M., Bock, A., & Benecke, C. (2016). Strukturniveau, Abwehr und Merkmale von Träumen: Empirische Untersuchung. Forum der Psychoanalyse, 32(3), 267–284. doi.org/10.1007/s00451-016-0243-x
  • Kempe, S., Köpp, W., Blomert, E., & Wittmann, L. (2024). Low levels of personality functioning are associated with affect dysregulation in dreams. International Journal of Dream Research, Vol 17, 60-67 Pages. doi.org/10.11588/IJODR.2024.1.102039
  • Kempe, S., Köpp, W., & Wittmann, L. (2024). Personality Functioning Improvement during Psychotherapy Is Associated with an Enhanced Capacity for Affect Regulation in Dreams: A Preliminary Study. Brain Sciences, 14(5), 489. doi.org/10.3390/brainsci14050489
  • Kernberg, O. F. (2004). Borderline Personality Disorder and Borderline Personality Organization: Psychopathology and Psychotherapy. In J. J. Magnavita (Hrsg.), Handbook of Personality Disorders: Theory and Practice (S. 92–119). John Wiley & Sons Inc.
  • Moser, U., & Hortig, V. (2019). Mikrowelt Traum: Affektregulierung und Reflexion. Brandes & Apsel.
  • Moser, U., & Zeppelin, I. von. (1996). Der geträumte Traum: Wie Träume entstehen und sich verändern. Kohlhammer.
  • Rohde-Dachser, C. (1983). Träume in der Behandlung von Patienten mit schweren Ich-Störungen. In M. Ermann (Hrsg.), Der Traum in Psychoanalyse und analytischer Psychotherapie (S. 107–119). Springer Berlin Heidelberg. doi.org/10.1007/978-3-662-06548-8_9


Originalsprache: deutsch und englisch

Projektbeteiligte

PD Dr. Werner Köpp (IPU Berlin; Institut für Psychotherapie Berlin)
Simon Kempe, M.A. (IPU Berlin)
Fabian Finneiser, M.A. (IPU Berlin)
Dr. med. Ioannis Tsagkas (Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus)

Laufzeit

Projektbeginn: 01/2025
Projektende: 12/2028