Prof. Dr. Leonie Kampe
Die Studie "Beyond the Reflection - The Mirror Interview" hat zum Ziel, das von P. Kernberg und B. Buhl-Nielsen entwickelte „Spiegelinterview“ (Mirror Interview – MI) explorativ zu untersuchen.
Das MI ist ein Interview zur Diagnostik der Persönlichkeit unter Einbezug der Körperrepräsentation. Basierend auf dem Spiegelparadigma und der Annahme, dass wesentliche Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung in frühen Momenten von interpersonellen Spiegelprozessen vollzogen werden, wird das MI vor einem Ganzkörperspiegel durchgeführt. Ziel ist es, durch dabei aktivierte Spiegelungsprozesse und die Konfrontation mit dem Körperselbst Zugang zu unbewusstem, abgewehrtem Material (Selbst- und Objektrepräsentanzen) zu bekommen. Es misst verbale und nonverbale Prozesse im Umgang mit dem eigenen Spiegelbild, wie zB die Fähigkeit, mit sich selbst Blickkontakt aufrecht zu erhalten, sich im eigenen Körper vollständig repräsentiert zu fühlen, Selbstakzeptanz vs. Selbstkritik, affektive Reaktionen wie Scham und Gegenübertragung und den Grad der Kohärenz des Selbstnarrativs. Der Gesamtwert der Körperselbst-Integration soll relevante Rückschlüsse über den Grad der Integration der Persönlichkeit zulassen. Im Bereich der Persönlichkeitsdiagnostik ist der Einbezug des Körperselbst eine innovative Ergänzung.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts sollen Fragestellungen zu den theoretischen Annahmen des Spiegelparadigmas und den psychometrischen Komponenten des Interviews untersucht werden, um die Methode wissenschaftlich zu fundieren und den Interviewleitfaden und das Auswertungsmanual zu überprüfen und zu überarbeiten. Auch sollen auch erste Zusammenhänge mit klinisch relevanten Konstrukten (Persönlichkeitsorganisation, DSM-5 Personality Functioning und maladaptive Persönlichkeitseigenschaften, Narzissmus, Bindung, elterliches Fürsorgeverhalten, Abwehr) untersucht werden. Zusätzlich soll schauspielbasiertes Videomaterial in englischer und deutscher Sprache für wissenschaftliche Präsentationen, Schulungs- und Lehrzwecke erstellt werden. Die Fortsetzung des Projekts mit dem revidierten Manual soll anschließend auch in klinischen Stichproben (z.B. zur Verlaufsmessung) eingesetzt werden. Diese sind mit internationalen Kooperationen bereits in Planung.
Eine Pilotstudie vom August 2023 ergab erste Hinweise auf signifikante Zusammenhänge zwischen den Skalen des MI und der Integration der Identität, spezifischen elterlichen Verhaltensweisen und Störungen der Beziehungsfähigkeiten. Die dort erhobene Stichprobe (community sample) von n=35 soll im Rahmen dieses Forschungsprojekts auf N=152 erweitert werden. Zur Teilnahme gehört die Durchführung des MI und des STIPO-Interviews, sowie die Beantwortung von 6 Fragebogen zu Bindung, Abwehr und Persönlichkeit. Teilnehmende werden mit 3 VPN-Stunden oder 30€ Aufwandsentschädigung vergütet.
Originalsprache: Deutsch
IPU Berlin:
Yasmin Ritschl (Studienkoordination)
Livia Anzellotti
Nina Soest
Larissa Zwick
Luisa Steinseifer
Prof. Dr. Bernadette Buhl-Nielsen (Department of Clinical Medicine, University of Copenhagen)
Projektbeginn: 05/2023
Projektende: 09/2026
Weitere Informationen unter: mi.studie(at)ipu-berlin.de
Präsentationen im Symposium "Uses of the Mirror Interview in the assessment of Attachment Experiences on Personality Organisation" (B. Buhl-Nielsen, M. Steele) auf der International Attachment Conference, Rouen, Frankreich:
Kampe, L., Anzellotti, L., Ritschl, Y., Soest, N., Zwick, L. (2024). What makes a person whole? The relationship between maladaptive parental behaviors, personality organization, and self-body integration. International Attachment Conference, Rouen, France.
Kampe, L., Anzellotti, L., Ritschl, Y., Soest, N., Zwick, L. (2024). Mirror, mirror on the wall – a diagnostic technique to reveal narcissistic vulnerability and attachment insecurity. International Attachment Conference, Rouen, France.