Es begann mit dem Erbe eines großen deutschen Logistikdienstleisters und es folgte ein Leben mit der und für die Psychoanalyse. Für ihr ehrenamtliches Engagement und außerordentliches Wirken für die Psychoanalyse sowie die Bereiche Medizin und Wissenschaft erhielt Christa-Rohde-Dachser am 20. Mai 2019 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Verliehen wurde es ihr am 27. März von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, nachdem der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil sie vorgeschlagen hatte.
„Christa Rohde-Dachser ist eine der wenigen Psychoanalytikerinnen, die auch schon mal hinter dem Steuer eines schweren Lastwagens gesessen und diesen gefahren hat“ – so begrüßte Moderator Jochen Kölsch die Psychoanalytikerin an einem Abend im Alpha-Forum im BR-Fernsehen. Was zunächst humoristisch anmutet, ist ein starkes Sinnbild – und es vereint die beiden Welten, in denen Christa Rohde-Dachser zuhause war und ist.
Als Erbin eines Speditionskonzerns, der heute über 30.000 Mitarbeiter beschäftigt, begann Rohde-Dachsers Karriere zunächst im väterlichen Betrieb. Nachdem sie ihr erstes Diplom 1959 mit einer Arbeit über Speditionen erlangte, trieb es sie aber schnell zurück in den wissenschaftlichen Betrieb. „Wie eine Lebensaufgabe“ sei es für sie gewesen, zunächst beim Logistikdienstleister die Arbeit aufzunehmen, „obwohl ich bereits während des Studiums immer geschaut habe, was es denn sonst noch Interessantes gibt“.
Inmitten einer tropischen Pflanzenlandschaft steht die IPU-Präsidentin Ilka Quindeau, als sie sich auf die vielfältigen Unternehmungen und Verdienste von Christa Rohde-Dachser bezieht: „Dazu braucht es Mut, eine gewisse Coolness, Zutrauen zu den eigenen Fähigkeiten, die Bereitschaft, etwas Neues und Ungewöhnliches auszuprobieren, sich über Rollenklischees, manche Erwartungen und die ein oder andere Grenze hinwegzusetzen.“ Gefeiert wird an diesem Abend ihr 80. Geburtstag – aus traurigem Anlass des Todes ihres Mannes mit zwei Jahren Verspätung. Die Biosphäre Potsdam habe sie als Andenken an ihre gemeinsamen Urlaube in den Wäldern auf der ganzen Welt gewählt.
Zurück an der Universität begann Rohde-Dachsers Karriere mit der Promotion in Soziologie, gefolgt von einer Weiterbildung als Psychoanalytikerin und einer langjährigen Mitarbeit an der Medizinischen Hochschule Hannover, an der sie sich später auch habilitierte. Im Jahr 1986 bekam sie einen Ruf an die renommierte Professur für Psychoanalyse an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, die zuvor Alexander Mitscherlich bekleidet hatte. Acht Jahre später gründete sie dann das Institut für Psychoanalyse der Deutschen Psychoanalytischen Gemeinschaft (DPG) und blieb bis 2004 dessen Vorsitzende. 2009 erlangte ihre psychoanalytische Arbeit einen weiteren Höhepunkt, als sie die Stiftung zur Förderung der universitären Psychoanalyse ins Leben rief und unter deren Trägerschaft die IPU Berlin gründete.
Angetreten ist Christa Rohde-Dachser mit dem Anspruch, der Psychoanalyse an deutschen Universität wieder mehr Bedeutung zu verschaffen. Zehn Jahre später ist die IPU eine psychoanalytische Universität, die Vorstellungen ähnelt, wie sie schon Sigmund Freud hatte. Rohde-Dachser resümiert selbst: „Wir haben es mittlerweile geschafft, nicht nur vom Berliner Senat, sondern auch vom Wissenschaftsrat als Universität akkreditiert zu werden und der Psychoanalyse auf diese Weise wieder eine universitäre Heimat zu schaffen. Wir können uns über die Vielzahl universitärer Kooperationen freuen, die zeigen, wie viele Kolleginnen und Kollegen aus anderen wissenschaftlichen Fächern sich durch die Einbeziehung der von Seiten der IPU angebotenen psychoanalytischen Fragestellungen in ihrer Forschung einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn versprechen, und umgekehrt.“
Das Bundesverdienstkreuz am Bande wird für besondere „politische, wirtschaftliche, soziale und geistige Leistungen verliehen sowie darüber hinaus für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland“. Christa Rohde-Dachser erhält damit die „einzige allgemeine Verdienstauszeichnung in Deutschland und damit die höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht“. Die IPU mit ihrer Präsidentin und alle Mitarbeiter_innen gratulieren Christa Rohde-Dachser herzlich zu dieser Auszeichnung.