Prof. Dr. Lutz Wittmann
PD. Dr. Werner Köpp
Über Träume von niedrig strukturierten PatientInnen liegen vergleichsweise wenig wissenschaftliche Arbeiten vor. Nichtsdestoweniger haben AutorInnen immer wieder auf die bedeutsame Unterscheidung von „klassisch“ neurotischen Träumen und niedrig strukturierten Träumen hingewiesen. Dies gilt vor allem für den klinischen Umgang und den Inhalt, weniger hinsichtlich der Affektregulation innerhalb der Träume. Darüber hinaus ist ein psychoanalytisches Störungsverständnis von Borderline-Persönlichkeitsorganisation typischerweise mit traumatisierenden Objektbeziehungen und beeinträchtigter Affektregulation assoziiert. An der Schnittstelle von empirischer Traum- und Psychotherapie-Prozessforschung untersucht diese Studie deshalb die folgenden Fragestellungen:
Unterscheidet sich die Affektregulierung innerhalb der Träume von PatientInnen mit Borderline- von solchen mit neurotischer Persönlichkeitsorganisation?
Verändern sich die Träume über den Therapieprozess hinweg?
Kovariieren spezifische PatientInnen- und Prozessvariablen mit der möglichen Veränderung der Träume im Therapieverlauf?
Der Forschung bietet sich hier eine spannende Parallele zwischen der Re-Inszenierung früher komplexhafter Beziehungserfahrungen im interaktiven psychotherapeutischen Geschehen einerseits und der Mikrowelt Traum (Moser & Hortig, 2019) anderseits.
Als Datengrundlage dienen vollständig audio- bzw. videodokumentierte psychoanalytische Behandlungen, von denen die Traumberichte transkribiert werden. Die Affektregulation im Traum wird mit Hilfe des Zurich Dream Process Coding Systems (ZDPCS; Moser & Hortig, 2019; Moser & von Zeppelin, 1996) erschlossen. Innerhalb des therapeutischen Prozesses stehen vor allem patientInnenseitig genutzte Abwehrmechanismen sowie die therapeutische Allianz im Fokus.
Ergebnisse:
Zusammenfassend belegt das Projekt zentrale Zusammenhänge zwischen dem Funktionsniveau der Persönlichkeitsorganisation und den Kapazitäten zur Affektregulierung in Träumen. Träume von PatientInnen mit Borderline- und neurotischer Persönlichkeitsorganisation konnten anhand von zwei spezifischen Dimensionen unterschieden werden. Träume von PatientInnen mit einem niedrigen Niveau der Persönlichkeitsfunktion spiegelten ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis und eine eingeschränkte Flexibilität der Affektregulierung wider. Im Therapieprozess der PatientInnen mit Borderline-Persönlichkeitsorganisation veränderten sich diese Traum-Parameter und glichen sich den Werten der neurotischen Stichprobe an.
Originalsprache: Deutsch
Simon Kempe (Wissenschaftliche Mitarbeit; IPU Berlin)
Eva Blomert (Wissenschaftliche Mitarbeit; IPU Berlin)
Projektbeginn: 01/2019
Projektende: 01/2022