Stationäre analytische Psychotherapie und ihre Effektivität

gefördert durch die Deutsche Psychoanalytische Gemeinschaft (DPG)

Leitung IPU

Prof. Dr. Dr. Dorothea Huber

Projektbeschreibung

Da psychoanalytische Behandlungsverfahren zunehmend unter Druck geraten, ihre Wirksamkeit empirisch zu belegen, erfährt die Messung von psychoanalytisch begründeten Konstrukten besondere Beachtung. Das Konstrukt der strukturellen Beeinträchtigung sowie das der Mentalisierungsfähigkeit liefern wichtige Hinweise für das Verständnis und die Behandlung von strukturell gestörten Patient:innen. Während die anhaltende Veränderung von Symptomatik und interpersonellen Problemen wiederholt gezeigt werden konnte (Huber et al. 2009; Hermann u. Huber, 2013; Fizke, 2017) liegen kaum Studien zur Besserung von Mentalisierung und Struktur vor. In dieser Studie wurde der Einfluss stationärer analytisch orientierter Psychotherapie auf die Veränderung von Symptomatik, Mentalisierungsfähigkeit und struktureller Beeinträchtigung unter Beachtung der Diagnosegruppen untersucht.

Datengrundlage für die aktuelle Studie waren 898 Patient:innen. Die vorwiegenden Diagnosen waren depressive Störungen, Angst-, Traumafolge-, Ess-, somatoforme sowie Persönlichkeitsstörungen. Zur Messung der Symptombelastung diente der Gesundheitsfragebogen für Patient:innen PHQ-D (Löwe et a., 2002); zur Messung der Beeinträchtigung basaler Mentalisierungsfähigkeiten der Mentalisierungsfragebogen MZQ (Hausberg et al., 2012). Der Grad der strukturellen Beeinträchtigung nach Kernberg wurde mit dem Fragebogen IPO-16 (Zimmermann et al., 2013) erfasst.

Ergebnis: In Hinblick auf die Symptomatik ließ sich ein hochsignifikanter Therapieerfolg mit großen Effektstärken (Cohen, 1988) verzeichnen. Die Effektstärke, mit der sich Mentalisierungsfähigkeit verbesserte ist nach Gignac und Szodorai (2016) als hoch, die Verbesserung struktureller Beeinträchtigung als mittel bis hoch einzustufen. Patient:innen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung wiesen vor der Behandlung verglichen mit den anderen Patient:innen deutlich höhere Werte in struktureller Beeinträchtigung auf, insbesondere in der Subskala Primitive Abwehr. Bei diesen Patient:innen war auch die Mentalisierungsfähigkeit stärker beeinträchtigt; besonders groß war der Unterschied in der Subskala Affektregulation.

Einflussfaktoren auf den gemessenen Therapieerfolg waren unter anderem Komorbidität und Behandlungsmotivation. So verschlechterte sich das Therapieergebnis mit zunehmender Anzahl an Diagnosen bzw. Komorbiditäten. Von den Therapeut:innen als kaum motiviert eingeschätzte Patient:innen profitierten weniger von der Behandlung.

Originalsprache: Deutsch

Projektbeteiligte

Joachim Frank (Research Fellow)

Kooperationspartner:
Dr. Matthias Noertemann (Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie München Klinik, München)

Laufzeit

Projektbeginn: 01/2016
Projektende: 12/2022

Publikationen

  • Huber, D., Bartmuß, C. & Henrich, G. (2008). Stationäre Psychotherapie – und was kommt danach? Eine empirische Studie zum stationär-ambulanten Übergang. Psychother Psych Med, 58(2).
  • Huber, D., Albrecht, C., Henrich, G. & Klug, G. (2009). Langzeit-Katamnese zur Effektivität einer stationären psychodynamischen Psychotherapie. Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 55, 189-199.
  • Herrmann, A. & Huber, D. (2013). Was macht stationäre Psychotherapie erfolgreich? Der Einfluss von Patienten- und Behandlungsmerkmalen auf den Therapieerfolg in der stationären Psychotherapie. Z Psychosom Med Psychother 59, 273–289.
  • Fizke, E., Mueller, A. & Huber, D. (2017). Psychoanalytic inpatient psychotherapy of depression –Two naturalistic samples throughout the course of a decade. European Journal of Psychotherapy & Counselling, 19:4, 396-414, DOI:10.1080/13642537.2017.1386224
  • Frank, J. & Huber, D. (2021). Naturalistische Studie zur Wirksamkeit stationärer psychodynamischer Psychotherapie. Forum Psychoanal, 37(2), 217-234. DOI 10.1007/s00451-021-00431-y.
  • Frank, J., Kirchner, E., Padberg, F. & Huber, D. (2021). Psychische Struktur und Mentalisierungsfähigkeit bei stationären depressiven Psychotherapiepatienten im Langzeitverlauf – eine Katamnesestudie. Z Psychosom Med Psychother, 67, doi.org/10.13109/zptm.2021.67.oa6.