Im Rahmen des berufsbegleitenden MA Interdisziplinäre Psychosentherapie findet im Sommersemester 2025 die nächste Ringvorlesung statt. Die Reihe nimmt sich in diesem Jahr des Themas Menschen mit Psychosen – Wenn die Worte fehlen an.
Was, wenn Worte fehlen – um das Unsagbare zu beschreiben, das Unerklärliche zu fassen? Wenn sich Erlittenes, Angst und Schmerz jenseits sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten abspielen? Die diesjährige Ringvorlesung an der IPU stellt diesen Moment der Wortlosigkeit ins Zentrum: ein zentrales Phänomen vieler Psychosen – und Ausgangspunkt für therapeutisches Denken, das über das Wort hinausgeht.
Unter dem Titel „Wenn die Worte fehlen“ versammelt die Ringvorlesung Beiträge, die sich mit historischen, theoretischen und klinischen Perspektiven von Psychosen befassen – und mit therapeutischen Ansätzen, die Wortlosigkeit nicht nur als Hürde, sondern auch als Potenzial begreifen.
Die Bandbreite der Vorträge reicht von der Bedeutung des Vertrauens in psychotherapeutischen Beziehungen, über das Potential in Gruppenprozessen, bis hin zu Körpertherapie und Verstehenswege über Kunst. Auch Fragen nach der Repräsentation von Halluzinationen, psychotischen Erfahrungen bei Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, spirituellem Erleben und der Rolle des kindlichen Ausdrucks im Umfeld psychotischer Bezugspersonen werden aufgegriffen.
Die Ringvorlesung ist öffentlich. Wir laden alle Interessierten herzlich ein, gemeinsam mit uns zu hören, zu fragen – und vielleicht auch: neue Sprachen zu finden.
17:30-19 Uhr I Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
Abstract & Redner
Könnte es sein, dass wir die Psychiatrie entstigmatisierten, aber nicht die psychisch Kranken, jedenfalls nicht alle? Könnte es sein, dass bestimmte z.B. bipolare Patient:innen auch und gerade in der Behandlung stigmatisiert werden? Mit Depression eine Psychotherapie zu bekommen, ist keine Kunst (mehr), mit Manie schon. Warum? Eine Art Überforderung? - Ein Versuch, mit Hilfe von anthropologischen Aspekten Türen zu öffnen: Was steckt hinter der Bipolarität? Was bedeutet die Hypothese einer Überanpassungsstörung? Wie kann Psychotherapie den Weg heraus bahnen helfen? - Was unterscheidet unser aller Stimmungsschwankungen von denen mit Bipolarer Dimension? Welche Rolle spielt der Verlust der Zeitwahrnehmung? Und warum ist deshalb das Gruppensetting eine besonders gute Option? - Was bedeutet die Bipolarität für die (verschiedenen) Angehörigen? Und warum kommt es einem Kunstfehler gleich, sie nicht einzubeziehen? - Viele Fragen, die nur selten (in Psychotherapie) zur Sprache kommen. Ein Versuch das zu ändern.
Dr. Thomas Bock, Prof. für Klinische Psychologie und Sozialpsychiatrie, über 40 Jahre an der Uniklinik Hamburg, Mitbegründer des Trialogs; Forschungen u.a. zur „Naturgeschichte der Schizophrenie“, Gruppentherapie bei Bipolaren, Sozialpsychiatrie, Peer-Support; zahlreiche Fach- und zwei Kinderbücher; Vorstand DDPP, Dozent im gemeinschaftlichen Master-Studiengang Psychosentherapie;
Initiator der Reihe „Bock auf Dialog?“ (Vorlesungs-Dialoge mit beruflichen und persönlichen Expert:innen); verschiedene Preise für Lehre, Forschung, innovative Behandlung und Antistigmaarbeit.
15:45-17:15 Uhr I Hörsaal 2, 1. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
17:30 – 19:00 Uhr I Hörsaal 2, 1. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
Abstract & Redner
Im Erstgespräch mit einem schwer psychisch erkrankten Menschen werden Weichen für die Entwicklung einer erfolgreichen Therapeuten-Patient Beziehung gestellt.Vertrauen schaffen ist essentiell. Was heißt Vetrauen? Wie entsteht Vertrauen? Die Vermittlung der eigenen Haltung gegenüber der Psychiatrie ist eine vertrauenschaffende Maßnahmne setzt aber eine Reflexion über mein psychiatrisches Menschenbild, mein Selbstbild als PsychiaterIn/PsychologIn voraus. Darüber und Ähnliches soll konstruktiv, provokativ und kritisch reflektiert und diskutiert werden.
Prof.Dr.med. Michaelvon Cranach
Honorarprofessor Hochschule München
Psychiaterin und Psychotherapeutin
Geboren 1941. Schule Madrid/Spanien
1959-1965 Medizinische Universität Bonn/Deutschland
1968-1969 Stipendium des britischen Rates Institut für Psychiatrie /London
1970-1980 Psychiatrische Klinik Universität München
Direktor des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren 1980-2006
Psychiatrische Praxis in München 2006-
Mitglied der Arbeitsgruppe "Psychiatrie und Fürsorge im Nationalsozialismus"
Mitglied in der "Gedenkinitiative München"
Forschung und Veröffentlichungen zu:
16:30-18 Uhr I Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
Abstract & Redner
Menschen mit Beeinträchtigungen der kognitiven oder neuronalen Entwicklung (das sind z. B. Lernschwierigkeiten oder Phänomene aus dem autistischen Spektrum) haben gegenüber der übrigen Bevölkerung ein ungefähr dreifach höheres Risiko, psychisch zu erkranken. Dies betrifft auch psychotische Erfahrungen. Infolge Besonderheiten von Wahrnehmung, Denken, Introspektionsfähigkeit, Sprache und Ausdruck sowie sozialer Interaktion stellen sich psychische Symptome bei diesen Personen oft anders dar als bei Menschen ohne Entwicklungsbeeinträchtigungen. Psychische Erkrankungen werden bei ihnen deshalb bisweilen nicht oder erst spät erkannt und behandelt.
In dieser Vorlesung werden wir besprechen, wie psychische Erkrankungen im Allgemeinen und Psychosen im Besonderen bei Menschen mit kognitiver oder anderer Entwicklungsbeeinträchtigung erkannt und verstanden werden können und wie die Behandlung an die Bedürfnisse dieser Personengruppe angepasst werden kann.
Bernd Schmidt geboren und aufgewachsen in Berlin. Studium der Humanmedizin an der Freien Universität und der Humboldt-Universität Berlin. Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Berliner und Brandenburger neurologischen und psychiatrischen Kliniken. Langjährige leitende klinische Tätigkeit am Berliner Behandlungszentrum für psychische Gesundheit bei Entwicklungsstörungen (BHZ) des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge (KEH). Promotion zur „Pharmakotherapie bei erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung“. Seit 2021 Professur für sozialmedizinische und sozialpsychiatrische Grundlagen sozialprofessionellen Handelns an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB).
Arbeitsschwerpunkte
Psychiatrische, medizinische und psychosoziale Versorgung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen; psychische und körperliche Gesundheit bei Personen aus dem neurodiversen Spektrum (Autismus, ADHS); Prävention und Gesundheitsförderung; rationale Psychopharmakotherapie und Arzneimittelsicherheit; gesundheitswissenschaftliche Grundlagen, Sozial- und Gemeindepsychiatrie, Public Health.
16:30-18 Uhr I Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
Abstract & Rednerin
Beginnend mit der von Freud geschilderten Episode, in der ein sich in der Dunkelheit ängstigender kleiner Junge sagt „Wenn jemand spricht, wird es hell...“, geht es im Vortrag um die Konzepte Freuds, die wichtig sind für sein Verständnis der Psychose. Was ist, wenn es nicht hell wird, zumindest nicht auf diese Art und Weise? Wenn die Repräsentation scheitert? Ausgehend von der Bedeutung von Stimme und Sprechen für die psychische Repräsentanz des Objektes geht es um den zugleich klinischen und subjekttheoretischen Gehalt der Freudschen Begriffe. Diskutiert werden die Folgen für den Krankheitsbegriff und den Subjektbegriff.
Prof. Dr. phil. Christine Kirchhoff, Dipl.-Psych. Professorin für Psychoanalyse, Subjekt- und Kulturtheorie an der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin (IPU), approbierte Psychotherapeutin (AP/TP) und Psychoanalytikerin (DPV/IPA) in eigener Praxis.
Arbeitsschwerpunkte: Metapsychologie und psychoanalytische Konzeptforschung, Psychoanalyse in der Kritischen Theorie, Kritik der (psychoanalytischen) Zeitdiagnostik, Psychoanalyse und Klimawandel, Kritik des Antisemitismus.
Auswahl aktueller Publikationen:
16:30-18 Uhr I Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
15:45-17:15 Uhr I Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
Abstract & Redner
Die psychotherapeutische Arbeit mit Menschen in akut psychotischen Phasen erfordert zahlreiche Modifikationen der Behandlungstechnik. Oft ist bereits das Erreichen eines stabilen therapeutischen Settings – also gemeinsam für 50 Minuten in einem Raum zu sitzen und zu sprechen – das Ergebnis eines längeren Prozesses. In dieser frühen Phase steht weniger die verbale Auseinandersetzung mit Themen im Vordergrund; vielmehr rücken gemeinsames Handeln sowie nonverbale und implizite Aspekte der Interaktion in den Fokus. Der Vortrag vermittelt zunächst grundlegende psychodynamische Hintergründe zum Erleben von Menschen in akuten Psychosen. Daraufhin werden zentrale Interventionen aus der ersten Behandlungsphase („gelebte Interpersonalität“) des Manuals zur Behandlung von Menschen mit Schizophrenie von Lempa, von Haebler und Montag vorgestellt. Anhand praxisnaher Fallbeispiele aus der Akutpsychiatrie wird veranschaulicht, wie diese Ansätze in der therapeutischen Arbeit angewendet werden können.
Prof. Dr. Moritz Petzold ist Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Medical School Berlin. Er ist psychologischer Psychotherapeut mit Schwerpunkt Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Er war 10 Jahre an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Universitätsmedizin Berlin tätig, hat dort das psychologische Team einer Akutstation mit Psychosefokus geleitet und auf Station sowie im Rahmen der psychiatrischen Institutsambulanz hunderte Menschen mit Psychoseerfahrung behandelt. Von 2021 bis 2023 hat er in der Psychoseambulanz der Internationalen Psychoanalytischen Hochschule (IPU) Menschen mit Psychoserfahrung im Rahmen von Richtlinientherapien behandelt. Er ist Dozent am Institut für Integrative Psychotherapieausbildung Berlin und lehrt dort unter anderem zur Psychosenpsychotherapie. Er ist Mitglied des Vorstands des Dachverbands Deutschsprachiger PsychosenPsychotherapie (DDPP).
17:30-19 Uhr I 04.07.2025, Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
Abstract & Redner
Menschen mit Psychosen leiden unter der wohl fundamentalsten Form von Heimatlosigkeit, sie fühlen sich häufig in ihrem eigenen Körper nicht zuhause, existentiell entwurzelt und damit einer Vielzahl von somatosensorischen, emotionalen und gedanklichen Problemen ausgesetzt. Dieser Zustand, der unter dem Stichwort ‚Disembodiment‘ in der psychiatrischen Literatur schon seit über 50 Jahren beschrieben wurde, hat in jüngerer Zeit auch in der klinischen Forschung unter dem Oberbegriff der Selbststörungen („severe self disorder pathology“) zentrale Bedeutung für das Verständnis und die Therapie psychotisch-schizopheniformer Erkrankungen erlangt. Im Zentrum des Erlebens der Patient*innen steht ein zumeist als existentiell bedrohlich empfundener und nur schwer verbal artikulierbarer Prozess einer zunehmenden Entfremdung des Selbsterlebens von der ‚natürlichen Selbstverständlichkeit der physischen Realität. Der Vortrag teilt sich in zwei Teile auf: 1. Eine detaillierte Beschreibung der phenomenologischen Befunde zum Leiberleben psychotisch kranker Menschen und 2. eine Erörterung der sich darauf beziehenden körperpsychotherapeutischen Interventionsstrategie zur Ich- Konsolidierung.
Professor Dr. med. Frank Röhricht, MD FRCPsych
Frank Röhricht ist Psychiater, Körperpsychotherapeut und Medizinischer Direktor für Forschung, Innovation und Facharztausbildung in Ost-London; er ist Honorary Professor für Klinische Psychiatrie am Wolfson Institute for Preventive Medicine, Queen Mary University London; Honorary Professor für Psychiatrie, St. George's Medical School, Universität Nikosia / Zypern.
Forschungsschwerpunkt u.a. Körperbild-Phänomenologie / Embodiment und Evaluation neuer psychotherapeutischer Interventionen (insbesondere Körperpsychotherapie) bei schweren psychischen Erkrankungen.
Er ist KPT-Lehrtherapeut, bietet seit vielen Jahren Seminare und Supervisions-Workshops an, leitete den ersten universitären Master-Studiengang für Körperpsychotherapie in Istanbul (2019 bis ‘22).
Email: frank.rohricht(at)nhs.net f.rohricht(at)qmul.ac.uk
Veröffentlichungen finden Sie hier
16-19 Uhr I Hörsaal 1, 3. Etage, Stromstr. 2, 10555 Berlin
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