Körperselbst und Traumaspuren in der psychoanalytischen Behandlungstechnik

In der Behandlung schwer gestörter Patient:innen stehen die Themen Traumatisierung, Symbolisierungsstörung und Dissoziation immer stärker im Zentrum der Diskussion. Wenn sich aber Erlebnisse nicht ins symbolische Netzwerk einschreiben können, so rückt das Körpergedächtnis ins Zentrum einer angemessenen Behandlungstechnik.

 

Verkapselte Körperengramme
Mit dem Begriff des verkapselten Körperengramms bietet Herr Dr. en Psychoanalyse Leikert ein Konzept an, das die innere Organisation dieser Traumaspuren beschreibt. Es wurde vor allem in Auseinandersetzung mit Freud, Winnicott und Tustin entwickelt. Ausgehend von einer traumatischen Desorganisation des Körperselbst lassen sich verschiedene nicht symbolische Abwehrstrategien beschreiben, um das Ich vor Gefühlen der Hilflosigkeit und Vernichtung zu schützen. So entsteht das körperliche Unbewusste, das von der Deutung nur unvollkommen erreicht wird.

 

Somatische Narration
Die Arbeitsweise der somatischen Narration lädt Patient:innen ein, zu beschreiben, wie sie im eigenen Körper wohnen. Körperliche Missempfindungen, Spannungen, Schwindel oder das Erleben eines schwarzen Lochs im Körperselbst bilden die Repräsentation abgespaltener Erlebnisse. Diese Wahrnehmung körperlicher Selbstzustände wird nicht gedeutet. Stattdessen verbleibt die Wahrnehmung des Körpers über längere Zeitstrecken im Zentrum der geteilten Aufmerksamkeit des therapeutischen Paares. Auf diese Weise entsteht eine Verkettung, bzw. eine Narration von Körperwahrnehmungen, die das beschädigte Körperselbst gleichzeitig erkundet, durcharbeitet und reorganisiert.
Gehalten durch die diskrete therapeutische Präsenz der Analytiker:in gelangt das beschädigte Körperselbst Schritt für Schritt zu größerer Kohärenz. Zunehmend wird es möglich, klare Emotionen zu spüren und zu mentalisieren. Jetzt ist die Symbolisierungsstörung aufgehoben.

 

Das Seminar ist theoretisch und kasuistisch ausgerichtet. Klinische Erfahrungen der Teilnehmenden bilden einen eigenen Schwerpunkt. Kleingruppen bieten die Möglichkeit, die Inhalte mit eigenen Erfahrungen zu verbinden.

 

 

Literaturempfehlung:

  • Das sinnliche Selbst – das Körpergedächtnis in der psychoanalytischen Behandlungstechnik. Sebastian Leikert, Brandes und Apsel-Verlag 2019.
  • Das körperliche Unbewusste in der psychoanalytischen Behandlungstechnik. Sebastian Leikert (Hrsg.) Brandes und Apsel 2021.

Dozent

Dr. en Psychoanalyse Sebastian Leikert ist Psychoanalytiker, Lehranalytiker und Supervisor (DGPT) und affiliiertes Mitglied der DPV. Er ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse und Musik und Redaktionsmitglied im International Journal of Psychoanalysis und The Psychoanalytic Quaterly.

www.sebastian-leikert.de

 

 

Zielgruppe

Das Blockseminar ist konzipiert für Psychotherapeut:innen in Anstellung oder in eigener Praxis, für Studierende der IPU im Masterstudiengang (klinisch) und Mitarbeiter:innen der IPU-Ambulanz, sowie für Kandidat:innen der psychoanalytischen und tiefenpsychologischen Institute.

 

Um eine gute Arbeitsatmosphäre zu gewährleisten ist die Zahl der Teilnehmenden auf 25 begrenzt.

Programm

Das Seminar findet kontinuierlich mit zwei Terminen pro Jahr statt, bei denen jeweils ein Schwerpunkt in den Vordergrund gestellt wird.

 

Jedes Seminarwochenende ist einzeln buchbar.

 

Die Zeiten der Fortbildung sind jeweils

Freitag:          13:30 bis 19:00

Samstag:       9:00 bis 17:00

Durch neuropsychoanalytische Erkenntnisse und die Ergebnisse der Traumaforschung wird immer deutlicher, wie notwendig es ist, dem Körper stärker in der psychoanalytischen Arbeit zu berücksichtigen. Die somatische Narration bezieht aktiv das Körpergedächtnis mit ein. In diesem Seminar wird es um die Frage gehen, wie man erste Zugänge zur psychodynamischen Arbeit mit dem Körperselbst findet. Im zweiten Seminar geht es um die Arbeit mit Traumaspuren.

 

  • Erweiterung der klinischen Aufmerksamkeit: welche Anzeichen weisen auf eine Beteiligung des Körpers an der Affektabwehr hin? Welche Wahrnehmung eigener körperlicher Resonanzen gibt es, und was ist ihre Bedeutung und Funktion im Behandlungsprozess?
  • Erweiterung der Behandlungstechnik: wie motiviere ich die Analysand*in, sich auf diese Kommunikationsform einzulassen? Wie gelingt es, das Körperselbst auf die Bühne der analytischen Beziehung einzuladen und hier durchzuarbeiten?
  • Erweiterung  der  Abwehrlehre: neben der traumatischen Desorganisation, (Thema im Oktober), zeichnen sich bei der Arbeit mit der somatischen Narration vor allem leibliche Muster der Hemmung von Affekten ab. Indem sie beschrieben und in der analytischen Dyade geteilt werden, werden sie durchgearbeitet und können sich transformieren.

 

In diesem Seminar sollen nach Möglichkeit die Erfahrungen aufgegriffen werden, die seit dem ersten Block gemacht wurden. Dazukommende Kolleg:innen sind jedoch auch willkommen. In diesem Seminar wird es vor allem um die Differenzierung von körperlichen Abwehrmechanismen und die Frage gehen, wie eine angemessene Behandlungstechnik aussieht.

 

Wenn traumatische Desorganisation und der Abwehrmechanismus der Hemmung unterschieden werden, ergibt sich die Frage, wie wir uns als Behandler:innen auf die unterschiedlichen Kontexte einstellen.  

  • Hemmungen sind Vorgänge in der Nähe der normalen Affektregulation, können sich aber chronifizieren und sehr hartnäckig sein.
  • Traumatisierungen weisen demgegenüber eine dramatische Dynamik und eine gestaffelte Abwehrorganisation auf. Ein Bild dieser Abwehrorganisation wird vermittelt und eine angepasste therapeutische Strategie und Haltung werden vorgestellt. 

Teilnahmegebühren

Preis pro Seminarwochenende:

380€ Normalpreis

190€ für Kandidat:innen, Studierende, Alumni und Mitarbeiter:innen der IPU-Ambulanz.

 

Getränke und Snacks in den Pausen sind inbegriffen.


Für die Veranstaltung werden Fortbildungspunkte bei der Psychotherapeutenkammer Berlin beantragt.

Anmeldung

Bitte melden Sie sich unter folgendem Formular an:
 

Anmeldeformular


Sollten Sie hierzu Fragen haben, wenden Sie sich gerne an folgende E-Mail-Adresse: fortbildung(at)ipu-berlin.de

 

Abmeldung/Rücktritt
Eine Abmeldung muss schriftlich bis zum Ablauf des 14. Tages vor Veranstaltungsbeginn erfolgen. Bis dahin können Sie Ihre Teilnahme kostenlos stornieren und erhalten die von Ihnen bereits gezahlten Teilnahmegebühren vollumfänglich erstattet. Nach Ablauf des 14. Tages ist eine Rückerstattung ausgeschlossen. Sie können jedoch eine Ersatzperson mit der erforderlichen Qualifikation benennen, die Ihren Platz einnimmt.



Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!