Psychotherapieforschung und deren Grundlagen


Psychotherapieforschung und deren Grundlagen bildet den Hauptschwerpunkt der an der IPU angesiedelten Forschungsprojekte. Sie umfasst ein breites Spektrum an Fragestellungen der Klinischen Psychologie, Entwicklungspsychopathologie sowie Psychotherapieoutcome- und -prozessforschung, die in enger Anbindung an die psychotherapeutische Hochschulambulanz (HSA, s. u.) untersucht werden. Die Erforschung ihrer Grundlagen richtet sich auf Risikofaktoren, Entstehung und Verläufe von psychischen Störungen sowie deren Diagnostik. Ebenso werden affektive und kognitive Prozesse untersucht, die Veränderungen im psychotherapeutischen Kontext begleiten können, wobei sowohl behaviorale und beobachtende als auch neurowissenschaftliche Methoden Einsatz finden.

Zentraler Aspekt der Psychotherapieforschung an der IPU ist die Evidenzbasierung psychotherapeutischer Methoden sowohl durch alltagsnahe Settings als auch durch randomisiert- kontrollierte Studien für Patientinnen und Patienten aller Altersbereiche und mit vielfältigen, für die klinische Versorgung relevanten Problemen und Erkrankungen. Hierzu zählen unter anderem Traumafolgestörungen, affektive Störungen, Zwangsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Psychosen und Angststörungen. In diesem Rahmen erfolgt zudem die Entwicklung und Überprüfung von Therapiekonzepten für diese psychischen Störungen, was eine enge Verzahnung von universitärer Forschung und klinischer Praxis ermöglicht.

Durch klinische Studien und die Erstellung von Übersichtsarbeiten sowie Meta-Analysen zur Frage der Wirksamkeit von Psychotherapie werden Ergebnisse mit dem höchsten Evidenzgrad im Sinne der evidenzbasierten Medizin generiert, die Eingang in nationale und internationale Versorgungsleitlinien finden.

In enger Anlehnung an die Frage, ob eine Therapie wirkt (Outcome-Forschung), untersuchen verschiedene Arbeiten zur Psychotherapieprozessforschung an der IPU, wie eine Therapie wirkt (Prozess-Outcome-Forschung). Diese Studien zu Wirkfaktoren und Wirkmechanismen von Psychotherapie ermöglichen Einblicke in die Veränderungsprozesse in Therapiestunden und Therapieverläufen. Anhand von audio- oder videografierten Aufzeichnungen erfolgen vertiefende Analysen und Auswertungen, die der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung therapeutischer Methoden dienen. Fragen zu Nebenwirkungen von Psychotherapie sowie qualitative Auswertungen zur Patienten- und Therapeutensicht auf klinische Forschung eröffnen weitere Perspektiven.

Zur adäquaten Aufklärung solcher Fragestellungen etabliert sich methodisch an der IPU zunehmend ein Mixed-Methods Ansatz, der konzeptgeleitet quantitative mit qualitativen Methoden kombiniert, um die therapeutischen Wirkfaktoren in ihrer Komplexität zu erforschen. Durch die vermehrte Einbeziehung qualitativer Methoden soll in Zukunft auch das Konzept der personalisierten Psychotherapie stärkere Berücksichtigung finden.

Die Erforschung psychischer Störungen (Entstehung, Verlauf, Risiko- und Schutzfaktoren, sowie deren kognitiv-affektive Grundlagen), Arbeiten zur Neuropsychoanalyse, Traumforschung, (Früh-)Prävention, Diagnostik sowie Supervisions- und Ausbildungsforschung ergänzen die Ergebnis- und Prozessforschung um Methoden und Zugänge aus angrenzenden Forschungsbereichen und befruchten interdisziplinäre Diskurse.

Der Forschungsschwerpunkt Psychotherapieforschung und deren Grundlagen ist im In- und Ausland weit vernetzt. Die Forschungsprojekte werden zum Teil im Rahmen großer Verbundprojekte in Kooperation mit anderen Universitäten, Forschungseinrichtungen und Kliniken durchgeführt.

Dabei spielen die Studien der psychotherapeutischen Hochschulambulanz der IPU eine Schlüsselrolle. An dieser Forschungs- und Lehrambulanz finden aktuell jährlich mehr als 500 Behandlungen statt, wobei im Rahmen der hier angesiedelten Psychotherapieforschung jede dieser Therapien evaluiert wird.

Insgesamt fächert sich die Forschung an der HSA wie folgt auf:

  • Empirische Psychotherapieforschung (routine outcome monitoring, ROM) an der HSA: Für alle Behandlungen wird eine Basis-, Verlaufs- und Outcomeerhebung durchgeführt, die als Grundlage für weitere Studien dienen kann.
  • Aktuelle Projekte der HSA der IPU in exemplarischer Auswahl sind beispielsweise
  1. Evaluation eines Behandlungsangebots für von sexuellem Missbrauch oder Gewalt in Kindheit und Jugend betroffene Erwachsene (ENHANCE-Traumastudie, Prof. Salzer)
  2. Evaluation der Eltern-Säugling-Kleinkind-Psychotherapie mittels Prävalenz- und Interventionsstudien (SKKIPPI, Prof. Kuchinke und Prof. Ludwig-Körner)
  3. Evaluation der Wirksamkeit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Behandlung von Angst- und Persönlichkeitsproblemen (APS, Prof. Huber)
  4. Erforschung von ambulanten Langzeit-Gruppenpsychotherapien (IPU Group Therapy Lab, Leitung Dr. Staun):
  5. Erforschung von Psychotherapien von komplex erkrankten Psychosepatientinnen und - patienten (Psychoseambulanz Berlin, Leitung Prof. von Haebler)

Die HSA unterstützt überdies Projekte der Psychotherapieforschung in Kooperation mit anderen Hochschulen, u. a. bereits auf der Ebene von Abschlussarbeiten. Als ein Beispiel lassen sich hier qualitative Untersuchungen zu Schweigen in Psychotherapien anführen, die aktuell von zwei Masterstudierenden der Universität Stockholm durchgeführt werden.

Zudem wird sich die HSA an einer Multicenterstudie zu Qualitätsmerkmalen und Versorgungsrelevanz psychoanalytischer Ambulanzen (QVA-Projekt) beteiligen. Das QVA-Projekt verschränkt die Versorgungsforschung mit der Grundlagenforschung und hat zwei Zielsetzungen: Zum einen wird den teilnehmenden Ambulanzen ein System zur datengestützten Qualitätssicherung zur Verfügung gestellt, das eine risikoadjustierte Gesamtauswertung über relevante Patienten- und Vermittlungsparameter ermöglicht. Zum anderen erfolgt eine wissenschaftliche Begleitforschung, die wichtige Fragen zur durch Ambulanzen geleisteten psychotherapeutischen Versorgung untersucht.

Unter dem Dach der HSA unterhält die IPU auf der Grundlage eines Vertrages mit der Charité Universitätsmedizin Berlin die Psychoseambulanz Berlin, die eng mit der Psychiatrischen Universitätsklink der Charité im St. Hedwigkrankenhaus kooperiert. Die Zusammenarbeit erfolgt darüber hinaus professionsübergreifend mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Charité Campus Mitte. Neben der Betreuung von Abschlussarbeiten werden hier auch Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten in die klinische Forschung zu komplex psychisch Erkrankten eingeführt.