Über 90 Jahre sind vergangen, seit Sigmund Freud in Die Frage der Laienanalyse die Utopie einer psychoanalytischen Hochschule formulierte: „Wenn man, was heute noch phantastisch klingen mag, eine psychoanalytische Hochschule zu gründen hätte, so müßte an dieser vieles gelehrt werden.“ Im Jahr 2009 wurde Freuds Utopie mit der Gründung der IPU Berlin in weiten Teilen umgesetzt. Nun ist eine Arbeit der ehemaligen Vizepräsidentin Prof. Dr. Lilli Gast erschienen, in der sie die Geschichte und den Status quo der IPU darstellt.
Wie es Freuds Ansinnen war, werden in den Psychologie-Studiengängen der IPU neben den eher „medizinischen“ Fächern wie Tiefenpsychologie und Biologie in der Lehre auch Themenbereiche behandelt, die eine geistes- und kulturwissenschaftliche Bildung der Absolventen gewährleisten. „Kulturgeschichte, Mythologie, Religionspsychologie und Literaturwissenschaft“ nannte Freud in der Laienanalyse als Beispiele für Fächer, in denen sich angehende psychoanalytische Akademiker bilden müssten. Denn: „Ohne eine gute Orientierung auf diesen Gebieten steht der Analytiker einem großen Teil seines Materials verständnislos gegenüber.“
In den vergangenen neun Jahren ist die IPU stetig gewachsen. Aus anfänglichen 75 Studierenden wurden circa 600. Der initiale Masterstudiengang Psychologie wurde durch einen Bachelorstudiengang ergänzt. Später kamen die drei berufsbegleitenden Studiengänge dazu: Psychoanalytische Kulturwissenschaften, Interdisziplinäre Psychosentherapie und seit 2015 Leadership und Beratung.
Die IPU wurde mit den Jahren zum zentralen Ort für universitäre Psychoanalyse und psychoanalytische Psychologie in Deutschland. Mit den steigenden Studierendenzahlen kamen weitere renommierte Professorinnen und Professoren mit immer mehr Forschungsprojekten. Vor allem in der Psychotherapieforschung spielt die IPU mittlerweile eine gewichtige Rolle.
Mehr zur Ursprungsidee der IPU, der Entwicklung über die Jahre und inwieweit Freuds Utopie heute Wirklichkeit geworden ist, lesen Sie im Beitrag von Lilli Gast im International Forum of Psychoanalysis.
Lilli Gast (2018) Freud’s Utopia revisited (PDF)